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WSI GenderDatenPortal: Einkommen: Anforderungen und Verdienste in Frauen- und Männerberufen (CW-Index)

Grafiken, Analysen, Tabellen (pdf)

 

Höhere Anforderungen und Belastungen wirken sich in Männerberufen stärker auf die Verdiensthöhe aus als in Frauenberufen. Zu diesem Ergebnis kommen die Wissenschaftlerinnen Ute Klammer, Christina Klenner und Sarah Lillemeier in ihrem Forschungsprojekt „Comparable Worth“, mit dem sie untersuchen, ob „sich die geringeren Verdienste von Frauen und in ‚Frauenberufen‘ auch explizit durch eine geschlechterdifferente Entlohnung der beruflichen Anforderungen und Belastungen erklären lassen.“(1)

Ausgangspunkt für die empirischen Analysen des Forschungsprojektes ist die Bildung eines Indexes („Comparable Worth Index“), mit dem die jeweiligen Anforderungen und Belastungen in unterschiedlichen Berufen umfassend und geschlechtsneutral erfasst und verglichen werden können (vgl. Glossar). Anhand der Indexwerte können dann Berufe identifiziert werden, die gleich hohe Arbeitsanforderungen und ‑belastungen aufweisen (Gleichwertigkeit) bzw. kann ermittelt werden, in welchen Berufen die Arbeitsanforderungen und -belastungen jeweils höher oder niedriger ausfallen als in anderen. Dabei gilt: Je höher der Indexwert eines Berufes, desto höher sind dort die Anforderungen und Belastungen; Berufe mit gleichem Indexwert weisen hingegen ein vergleichbares Anforderungs- bzw. Belastungsniveau auf.

Den Zusammenhang zwischen Arbeitsanforderungen und (durchschnittlichen) Stundenverdiensten zeigt Grafik 1: Mit dem Anforderungs- und Belastungsniveau der Berufe steigen tendenziell auch die jeweiligen Brutto-Stundenverdienste. Allerdings können auch Berufe mit gleichem Indexwert (also mit gleichwertigen Anforderungen) in der Bezahlung variieren. Diese Streuung der durchschnittlichen Stundenverdienste fällt bei Berufen mit hohen Anforderungen um einiges größer aus als bei Berufen mit vergleichsweise geringen Anforderungen. Unterscheidet man die Berufe nach dem Frauenanteil unter den Beschäftigten, so ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen frauendominierten und männerdominierten Berufen.(2) Bei den Männerberufen weist die Trendlinie in Grafik 1 eine stärkere Steigung auf als die Trendlinie bei den Frauenberufen. Dies bedeutet, dass höhere berufliche Anforderungen in Männerberufen tendenziell besser entlohnt werden als in Frauenberufen.

Dieser deskriptive Befund konnte schließlich durch multivariate Regressionsanalysen von Klammer/Klenner/Lillemeier bestätigt werden: „Steigende berufliche Anforderungen und Belastungen sind für Männer mit höheren Entgeltzuwächsen verbunden als für Frauen.“ Zu diesen Ergebnissen gelangt man „auch unter Kontrolle persönlicher, arbeitsvertraglicher und arbeitsplatzbezogener Merkmale. (…) [Eine] geschlechterdifferente Entlohnung weiblicher und männlicher Erwerbsarbeit zeigt sich grundsätzlich in allen Wirtschaftsabschnitten und das auch unter Kontrolle der Tarifbindung, wobei die Verdienstnachteile von Frauen in tarifgebundenen Beschäftigungsverhältnissen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit geringer ausfallen.“(3)

Die Frage einer geschlechterneutralen und umfassenden Arbeitsbewertung hat aber auch eine große Bedeutung für die Erklärung des Gender Pay Gap(4) in Deutschland. Dies belegen weitere Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt: Unter Berücksichtigung einer „geschlechtsneutralen Bewertung der beruflichen Anforderungen und Belastungen (durch den CW-Index) und ansonsten vergleichbarer lohnrelevanter Faktoren“(5) würde der sog. bereinigte Gender Pay Gap – nach den Ergebnissen des Projektes – bei 10 Prozent liegen und wäre damit deutlich höher als der vom Statistischen Bundesamt ausgewiesene Wert von 6 Prozent.(6) Dies würde bedeuten, dass Frauen in Deutschland im Durchschnitt nicht 6 Prozent sondern 10 Prozent wenigerverdienen als Männer, selbst wenn sie in einem Beruf mit gleichem Anforderungs und Belastungsniveau tätig sind, und sie zudem in derselben Branche arbeiten, über ein ähnliches Ausbildungsniveau verfügen, vergleichbare Führungsaufgaben inne haben und in vergleichbarem Umfang arbeiten.


Bearbeitung: Dietmar Hobler, Svenja Pfahl

 

Literatur

Hobler, Dietmar / Pfahl. Svenja / Horvath, Sandra (2018): Gender Pay Gap 2006-2017. In: WSI GenderDatenPortal.

Klammer, Ute / Klenner, Christina / Lillemeier, Sarah (2018): „Comparable Worth“. Arbeitsbewertungen als blinder Fleck in der Ursachenanalyse des Gender Pay Gaps? WSI Study, Nr. 14, Düsseldorf, letzter Zugriff: 30.10.2018.

Lillemeier, Sarah (2017): Sorgeberufe sachgerecht bewerten und fair bezahlen! Der „Comparable Worth-Index“ als Messinstrument für eine geschlechtergerechte Arbeitsbewertung, IAQ-Report 2017-02, Duisburg, letzter Zugriff:
30.10.2018.

Lillemeier, Sarah (2016): Der „Comparable Worth“-Index als Instrument zur Analyse des Gender Pay Gap. Arbeitsanforderungen und Belastungen in Frauen- und Männerberufen, WSI Working Paper Nr. 205, Düsseldorf, letzter Zugriff: 30.10.2018.

Statistisches Bundesamt (2018): Drei Viertel des Gender Pay Gap lassen sich mit Strukturunterschieden erklären. Pressemitteilung vom 14. März 2017 – 094/17, letzter Zugriff: 30.10.2018.

Tondorf, Karin / Jochmann-Döll, Andrea (2014): Entgeltgleichheit prüfen mit egcheck.de. Ein Prüfinstrumentarium. Arbeitspapier 214 der Hans-Böckler-Stiftung, 2. Aufl., Düsseldorf, letzter Zugriff: 30.10.2018.

 


(1) Klammer, Ute / Klenner, Christina / Lillemeier, Sarah (2018): „Comparable Worth“. Arbeitsbewertungen als blinder Fleck in der Ursachenanalyse des Gender Pay Gaps? WSI Study, Nr. 14, Düsseldorf, Seite 8.

(2) Als frauendominierte Berufe (Frauenberufe) werden alle Berufe definiert, die einen Frauenanteil von mehr als 70 Prozent unter den Beschäftigten aufweisen. Hingegen werden zu den männerdominierten Berufen (Männerberufen) alle Berufe gezählt, bei denen Frauen weniger als 30 Prozent der Beschäftigten stellen.

(3) Klammer, Ute / Klenner, Christina / Lillemeier, Sarah (2018): „Comparable Worth“. Arbeitsbewertungen als blinder Fleck in der Ursachenanalyse des Gender Pay Gaps? WSI Study, Nr. 14, Düsseldorf, Seite 65.

(4) Vgl. Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Horvath, Sandra (2018): Gender Pay Gap 2006 -2017. In: WSI GenderDatenPortal.
(5) Klammer, Ute / Klenner, Christina / Lillemeier, Sarah (2018): „Comparable Worth“. Arbeitsbewertungen als blinder Fleck in der Ursachenanalyse des Gender Pay Gaps? WSI Study, Nr. 14, Düsseldorf, Seite 66.

(6) Vgl. Statistisches Bundesamt (2018): Drei Viertel des Gender Pay Gap lassen sich mit Strukturunterschieden erklären. Pressemitteilung vom 14. März 2017 – 094/17.

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