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Tarifarchiv - Analysen Tarifarchiv

Tarifrunde 2010: Leiharbeit

Die tarifpolitische Entwicklung des Jahres 2010 im Bereich der Leih-/Zeitarbeit stellte sich folgendermaßen dar: Im Frühjahr 2010 vereinbarte die DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit mit dem Bundesverband Zeitarbeit (BZA) und dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) Tarifverträge mit einer Laufzeit bis Ende Oktober 2013, die eine schrittweise Anhebung der untersten Entgeltgruppen auf 8,19 € in Westdeutschland und 7,50 € in Ostdeutschland vorsehen. Für die übrigen Entgeltgruppen wurden unterschiedliche prozentuale Erhöhungen vereinbart. Die untersten Entgeltgruppen wurden als Mindestlohn festgeschrieben, der auf Basis des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für die gesamte Branche allgemeinverbindlich erklärt werden soll.

Die politische Auseinandersetzung darum war allerdings Ende 2010 noch nicht beendet, weil trotz massiven Drucks seitens der Gewerkschaften wie auch der Arbeitgeberverbände innerhalb der Bundesregierung noch keine Einigung über Form und Höhe eines Mindestlohnes in der Leiharbeitsbranche erzielt werden konnte. Die Zeit drängt, da der Termin für die vollständige Herstellung der Dienstleistungsfreiheit am 1.5.2011 näher rückt.

Mit der Festschreibung allgemeinverbindlicher tariflicher Mindestlöhne für die Leiharbeit sind jedoch keineswegs alle Probleme gelöst: Die Gewerkschaften streben die flächendeckende Durchsetzung des Equal-Pay-Prinzips an und wollen dies (auch) durch die Tarifpolitik vorantreiben. In der Eisen- und Stahlindustrie gelang der IG Metall im September vergangenen Jahres eine erste branchenweite tarifliche Regelung, die sicherstellen soll, dass Leiharbeitsbeschäftigte nach dem Branchentarifvertrag bezahlt werden. Auch in anderen Branchen (Chemie, Metall u. a.) soll in den kommenden Tarifrunden darüber verhandelt werden. Bislang haben sich die Gewerkschaften, namentlich die IG Metall, auf den Abschluss so genannter betrieblicher „Besser-Vereinbarungen“ konzentriert, die die Leiharbeit begrenzen und den Einkommensabstand zum betrieblichen Lohnniveau verringern bzw. beseitigen sollen. Auch die Tarifverträge für die Leiharbeitsbranche mit BZA und iGZ bieten diesbezüglich eine Möglichkeit: Auf Basis einer Öffnungsklausel kann eine tarifliche Regelung zwischen den Tarifparteien und dem Arbeitgeber des Kundenbetriebes günstigere Vergütungen der Einsatzzeiten vorschreiben.

In einem Beschluss vom 14.12.2010 stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) keine Spitzenorganisation ist, die in eigenem Namen Tarifverträge abschließen kann. Sie erfüllt die hierfür erforderlichen tarifrechtlichen Voraussetzungen nicht. Das ist eine positive Nachricht, weil damit einer Organisation das Handwerk gelegt wurde, die in den vergangenen Jahren vor allem durch Dumping-Tarifverträge die Einkommen in der Leiharbeitsbranche niedrig gehalten hat. Es waren maßgeblich CGZP-Tarifverträge, die nach der Deregulierung der Leiharbeit im Jahr 2003 dazu beigetragen haben, dass die von der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit abgeschlossenen Tarifverträge nach unten korrigiert wurden und in den Folgejahren Tarifsteigerungen nur in sehr kleinen Schritten vereinbart werden konnten. Das Problem der Unterbietungskonkurrenz im Bereich der Leiharbeit ist damit jedoch nicht vom Tisch, weil hier nach wie vor verschiedene christliche Gewerkschaften, wie z. B. die Christliche Gewerkschaft Metall (CGM) und der DHV - Die Berufsgewerkschaft tarifpolitisch aktiv sind.

Quelle: WSI-Tarifbereicht 2010

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