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Tarifrunde 2009: Einzelhandel

Die Tarifrunden im Einzelhandel gestalteten sich in den vergangenen Jahren stets sehr schwierig. Zumeist gelang der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ein Abschluss nur mit großer Mühe und nach langwierigen Auseinandersetzungen. So konnte die Tarifrunde des Jahres 2007 erst nach über einjährigen Verhandlungen im Sommer vergangenen Jahres beendet werden. Angesichts der tiefen Rezession war daher auch in diesem Jahr nicht unbedingt mit raschen Ergebnissen zu rechnen.

Auch die Arcandor-Krise machte die Verhandlungssituation nicht leichter. Ver.di zog aus den gemachten Erfahrungen verschiedene Konsequenzen: Zum einen bemühte sie sich um eine koordinierte Tarifrunde von Einzel- und Großhandel und entwickelte eine gemeinsame Kampagne "Fair heißt mehr - von uns lebt der Handel". Zum andern sollten neue Arbeitskampfkonzepte einen größeren und wirksameren Druck auf die Arbeitgeber ermöglichen.

Im Einzelhandel fielen die regionalen Forderungen bei ähnlicher Struktur dennoch etwas unterschiedlich aus. Die Bandbreite der regionalen Forderungen lag bei 6,5/6,8 % fast durchweg verbunden mit Mindesterhöhungen zwischen 120 und 150 € sowie Festgeldforderungen in Höhe von 130 und 135 €. Für die Auszubildenden in Hessen forderte ver.di eine Erhöhung von 50 bzw. 60 €, in Nordrhein-Westfalen von 6,5 %, mindestens jedoch 50 €.

Der Auftakt der regionalen Tarifverhandlungen im Einzelhandel fand am 3. April in Hessen statt, in den kommenden Tagen und Wochen folgten die anderen regionalen Bereiche. In Nordrhein-Westfalen legten die Arbeitgeber in der 2. Runde der Tarifverhandlungen am 7.5. folgendes Angebot vor: nach 7 Nullmonaten Einkommenserhöhungen von 1,5 % ab Dezember 2009 und weitere 0,5 % ab Januar 2011 sowie 150 € als zusätzliche Einmalzahlung innerhalb des Jahres 2010 mit einer Gesamtlaufzeit von 24 Monaten. Die Betriebsparteien sollten die Möglichkeit zur Streichung der Einmalzahlung und zum Verschieben der prozentualen Erhöhungen haben. Ver.di lehnte dieses und ähnliche Angebote in anderen Regionen ab und führte erste Warnstreiks, Urabstimmungen und reguläre Arbeitskampfmaßnahmen durch.

In der 3. Verhandlungsrunde am 10./11.6. kam es dann im nordrhein-westfälischen Einzelhandel zu einer Verständigung zwischen ver.di und den Arbeitgebern. Der erzielte Abschluss sieht vor:

  • 4 Nullmonate (Mai - August)
  • Erhöhung der Tarifvergütungen um 2 % zum 1.9.2009
  • Stufenerhöhung um 1,5 % zum 1.9.2010
  • 150 € als zusätzliche Einmalzahlung im April 2010
  • 150 € im Jahr 2011 im Rahmen des Tarifvertrags Vorsorgeleistung.

Zudem konnte ver.di die von den Arbeitgebern geforderte Öffnungsklausel zur Verschiebung oder Streichung von Einmalzahlung und Tariferhöhung auf betrieblicher Ebene verhindern. Die Vergütungstarifverträge haben eine Laufzeit von 24 Monaten bis zum 30.4.2011. Ver.di betonte, dass nach Jahren des Reallohnverlustes dieser Abschluss eine reale Einkommenssteigerung bedeute. Ver.di wie auch die Arbeitgeberverbände HDE und BAG sahen die Möglichkeit, dass dieser Abschluss Pilotfunktion haben könnte. Bis zum Redaktionsschluss (25. Juni) lagen weitere Abschlüsse lediglich für Rheinland-Pfalz, Saarland, Bayern, Hamburg und Schleswig-Holstein vor.

Quelle: WSI-Tarifbericht 2009     Stand: Juli 2009

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