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Tarifarchiv - Analysen Tarifarchiv

Tarifrunde 2011: Eisen- und Stahlindustrie

Die Tarifrunde in der Stahlindustrie bildete gleichermaßen den Abschluss der Tarifrunde 2011 wie den (vorgezogenen) Auftakt der Tarifrunde 2012. Der letzte Tarifabschluss vom September 2010 mit einer Pauschalzahlung von 150 € und einer Tarifanhebung von 3,6 % lief Ende Oktober 2011 aus. Trotz der erheblichen Irritationen, die von der Eurokrise ausgingen, setzte die IG Metall auf die stabile realwirtschaftliche Entwicklung gerade in der Stahlindustrie. Sie verwies auf die „sehr gute wirtschaftliche Lage in 2011“ und darauf, dass „alle Fakten für 2012 ein weiteres, moderates Wachstum“ auswiesen. Die Tarifkommission beschloss daher am 18.10.2011 als Tarifforderung eine Anhebung der Tarifvergütungen um 7,0 % bei einer Laufzeit von 12 Monaten.

Eine vergleichbar hohe Forderung hatte nur die IG BCE für die chemische Industrie erhoben. Zwei weitere Forderungen kamen hinzu: Alle Auszubildenden sollten nach bestandener Abschlussprüfung unbefristet übernommen werden und die Regelungen zur Altersteilzeit sollten verbessert werden. Die unterschiedlichen Tarifwerke Demografie, Beschäftigungssicherung, Altersteilzeit sollten nach Möglichkeit zu einem neuen übersichtlicheren Tarifvertrag zusammengefasst werden.

Am 21.10.2011 fand die erste Verhandlungsrunde statt, die traditionell der ausführlichen Begründung und der Erörterung der gesamtwirtschaftlichen und branchenbezogenen Lage dient. Aus Sicht der Stahlarbeitgeber weckte die IG Metall mit ihrer „Schönwetterforderung“ von 7 % eine „vollkommen unrealistische“ Ergebniserwartung. Auch die unbefristete Übernahme werde mehr schaden als nützen und die Ausbildungsquote der Betriebe sinken lassen. Die zweite Runde am 7.11.2011, die von einem Warnstreik der Auszubildenden und einer Kundgebung mit 800 Teilnehmern am Verhandlungsort begleitet wurde, führte zu keinem substanziellen Verhandlungsfortschritt. Die qualitativen Themen sollten in Arbeitsgruppen konkretisiert werden.

Die IG Metall rief vor der dritten Runde zu Warnstreiks auf, an denen sich 17.000 Beschäftigte aus über 50 Betrieben beteiligten. Am 20./21.11. gelang dann nach 12-stündigen Verhandlungen der Durchbruch. Der Abschluss beinhaltete folgende Bestandteile:  

  • Anhebung der Tariflöhne und -gehälter nach einem Nullmonat (November) um 3,8 % bei einer Laufzeit bis Ende Februar 2013,
  • grundsätzlich unbefristete Übernahme Ausgebildeter nach bestandener Abschlussprüfung,
  • Regelung zum Abweichen von der Übernahme, u.a. bei Ausbildung über Bedarf oder akuten betrieblichen Beschäftigungsproblemen; Übergangsregelung für die derzeitigen Auszubildenden,
  • Altersteilzeit: Aufstockung des Arbeitgeberbeitrages zur Rentenversicherung von 95 auf 100 %,
  • Verlängerung des Tarifvertrages zur Beschäftigungssicherung sowie des Tarifvertrages zur Gestaltung des demographischen Wandels,
  • Einrichtung einer Arbeitsgruppe mit dem Ziel, bis zum 31.1.2013 einvernehmlich Möglichkeiten zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsleben neben der Altersteilzeit zu erreichen.

Die IG Metall zeigte sich mit den Ergebnissen zufrieden: Die „Operation Übernahme“ sei gelungen und die Tarifsteigerung von 3,8 % sei „ein ordentliches Plus“, besonders wenn man in Rechnung stelle, dass das wirtschaftliche Umfeld und die Beschäftigungssituation in vielen Betrieben schwieriger würden. „Darauf“, so IG Metall-Bezirksleiter Oliver Burkhard, „können wir stolz sein.“ Den Arbeitgebern sei, so Verbandsvorsitzender Helmut F. Koch, der Abschluss „sehr schwer gefallen“, er sei nur wegen der relativ langen Laufzeit akzeptabel. Die Übernahmeregelung biete ausreichende Möglichkeiten, die bisherige Ausbildungspraxis beizubehalten und eine Ausweitung des Anspruchs auf Altersteilzeit habe abgewehrt werden können.

Quelle: WSI-Tarifbericht 2011 (pdf)

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