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Tarifrunde 2016: Chemische Industrie

Die dritte stark beachtete Tarifrunde dieses Jahres betraf die chemische Industrie. Sie lag zeitlich nach den Verhandlungen im öffentlichen Dienst und in der Metallindustrie. Die tarifvertraglichen Kündigungstermine lagen regional gestaffelt zwischen Juli und September. Am 8. April beschloss der IG BCE-Hauptvorstand die Forderungsempfehlung für die Tarifrunde 2016. Demnach sollten die Einkommen um 5,0 % bei einer Laufzeit von 12 Monaten steigen. Ein weiterer Eckpunkt war die Fortführung und Weiterentwicklung der tariflichen Regelungen zum Ausbildungsplatzangebot und Berufseinstieg.

Die Empfehlung war die Grundlage für die Diskussionen in den rund 1.900 Betrieben. Die Ergebnisse wurden im Mai in den 11 Tarifbezirken zusammengeführt. Am 25. Mai beschloss die große Bundestarifkommission diese Forderung endgültig. Die IG BCE verwies zur Begründung auf die gute ökonomische Situation und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche. Diese werde auch künftig von der positiven binnenwirtschaftlichen Entwicklung profitieren. Es gelte neben der Zielinflationsrate und der gesamtwirtschaftlichen Produktivität im besonderen Maße die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten und den Wert ihrer Arbeit zu honorieren. Neben Dividendenerhöhungen und Steigerungen der Margen müsse es auch „eine kräftige Erhöhung der Tarifentgelte“ geben (IG BCE Medieninformation vom 08.04.2016). Der Arbeitgeberverband BAVC argumentierte gegen die Forderung mit der stagnierenden wirtschaftlichen Entwicklung der Branche. Die Kosten seien seit 2010 weitaus stärker gestiegen als die Produktivität. Große Sprünge seien nicht möglich. „Nachholbedarf gibt es nur bei der Produktivität.“ (BAVC-Pressemeldung vom 08.04.2016).

Traditionell begannen die Verhandlungen zunächst auf regionaler Ebene. Alle Verhandlungen in den regionalen Tarifgebieten blieben ergebnislos. Auch die erste Verhandlung auf Bundesebene am 14. Juni in Hannover wurde ohne Angebot der Arbeitgeber vertagt. Fortschritte wurden im Komplex Ausbildung erzielt. Die Verhandlungen wurden am 22. und 23. Juni in Lahnstein fortgesetzt. Dort kam es zu einem Abschluss mit folgenden Bestandsteilen:

  • Erhöhung der Tarifentgelte um 3,0 % regional unterschiedlich ab 01.08., 01.09. bzw. 01.10.2016,
  • 2,3 % Stufenerhöhung ab 01.09., 01.10. bzw. 01.11.2017,
  • Laufzeit von insgesamt 24 Monaten bis 31.07., 31.08. bzw. 30.09.2018,
  • Möglichkeit zur Verschiebung der Erhöhungen um bis zu 2 Monate für Betriebe mit besonderen wirtschaftlichen Schwierigkeiten,
  • Weiterentwicklung und Ausbau des Tarifvertrags „Zukunft durch Ausbildung und Berufseinstieg“.

Als Kriterien für die Verschiebung werden im Abschluss genannt: Ein negatives Ergebnis (Verlust) im Vorjahr bzw. eine vergleichbare aktuelle Situation. Bei einer Umsatzrendite von bis zu drei Prozent entscheiden die Bundestarifparteien über die Verschiebung. Zur Förderung der Integration junger Menschen wurde u. a. zusätzlich zu den bestehenden Instrumenten ein „Pre-Startprogramm“ vereinbart, das auf die Herstellung der Ausbildungsfähigkeit gerichtet ist.

In der Bewertung des Abschlusses stellte IG BCE-Verhandlungsführer Peter Hausmann heraus, dass das Ergebnis der Lage der chemischen Industrie entspreche und die Prozentzahlen sich auch im Branchenvergleich sehen lassen könnten. Der BAVC betonte, Planungssicherheit durch die zweijährige Laufzeit und betriebliche Flexibilität seien die entscheidenden Pluspunkte aus Arbeitgebersicht.

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