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WSI GenderDatenPortal: Einkommen: Vollzeitbeschäftigte mit Einkommen bis 2.000 Euro in Deutschland 2011-2020

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Frauen erzielen in Deutschland im Jahr 2020 im Durchschnitt geringere Einkommen als Männer, das gilt selbst dann, wenn man für den Vergleich nur sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit einer Vollzeitstelle heranzieht. (1) Bei der Verteilung der monatlichen Brutto-Einkommen von Frauen und Männern zeigen sich Unterschiede vor allem am oberen und unteren Rand der Einkommensskala:

  • Ein monatliches Brutto-Einkommen oberhalb von 5.000 Euro erzielt jeder vierte Mann, aber nur jede siebte Frau (Grafik 1).
  • Ein niedriges Brutto-Einkommen bis maximal 2.000 Euro monatlich hat 2020 jeder elfte Mann (9 Prozent) und sogar jede sechste Frau (18 Prozent) in Deutschland (Grafik 2).

Der Anteil an Vollzeitbeschäftigten mit einem Niedrigeinkommen (unter 2.000 Euro) ist in Deutschland für Frauen fast doppelt so hoch wie für Männer. (2)

Innerhalb des Beobachtungszeitraums 2011 bis 2020 hat sich die Verteilung der Einkommen vor allem im Bereich der hohen und niedrigen Einkommen verändert (Grafik 1):

  • Hohe Einkommen: Zwischen 2011 und 2020 ist der Anteil der Einkommen oberhalb von 5.000 Euro bei Männern von 15 auf 25 Prozent stark angestiegen. Bei Frauen hat er sich sogar fast verdreifacht (von 5,2 auf 14,3 Prozent). Dennoch: Der Anteil vollzeitbeschäftigter Männer mit hohem Einkommen ist in Deutschland immer noch fast doppelt so hoch wie unter Frauen.
  • Auch bei den Niedrigeinkommen zeigen sich starke Veränderungen: Im Jahr 2011 verdiente jede dritte Frau (34 Prozent) und jeder fünfte Mann (20 Prozent) maximal 2.000 Euro brutto pro Monat. Bis zum Jahr 2020 haben sich die Anteile bei den Frauen auf knapp 18 Prozent und bei den Männern auf 9 Prozent verringert.

Da sich der Anteil der Niedrigeinkommensbeziehenden unter Männern im Beobachtungszeitraum 2011 bis 2020 stärker verringert hat als unter Frauen, ist der geschlechterbezogener Abstand bei den Niedrigeinkommen sogar angewachsen: Im Jahr 2011 hatten vollzeitbeschäftigte Frauen 1,7-mal häufiger ein Niedrigeinkommen (d.h. maximal 2.000 Euro brutto) als vergleichbare Männer. Im Jahr 2020 ist der Vorsprung der Frauen auf das 1,9-fache angestiegen (Grafik 2).

Bei der Interpretation der Ergebnisse für das Jahr 2020 ist zu beachten, dass die Corona-Krise den deutschen Arbeitsmarkt stark beeinflusst hat und Folgen für die Einkommenssituation der Beschäftigten hatte. Insbesondere die ausgeprägte Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld trägt dazu bei, dass die Steigerung des Einkommensniveaus im Jahr 2020 niedriger ausfällt als in den vorangegangenen Jahren. (3) Dieser Corona-Effekt zeigt sich auch in den monatlichen Brutto-Einkommen von vollzeitbeschäftigten Frauen und Männern (Grafik 2): So hat sich der Anteil an Vollzeitbeschäftigten mit maximal 2.000 Euro pro Monat – anders als in allen Jahren davor – nur in sehr geringem Umfang verringert. Der in den Vorjahren beobachtete Rückgang bei Frauen wie Männern ist 2020 fast zum Erliegen gekommen.

Im regionalen Vergleich fallen bei den Niedrigeinkommen enorme Unterschiede auf (Grafik 3):

  • Vollzeitbeschäftigte Frauen und Männer in Ostdeutschland sind in viel stärkerem Maße von Niedrigeinkommen betroffen. (4) Noch im Jahr 2011 verdient fast die Hälfte aller Frauen (45 Prozent) und Männer (44 Prozent) maximal 2.000 Euro brutto im Monat. Bis zum Jahr 2020 verringerten sich diese Anteile mindestens um die Hälfte (Frauen: 22 Prozent, Männer: 16 Prozent), verstärkt bei den Männern. Damit sind nun auch in Ostdeutschland Frauen deutlich stärker von Niedrigeinkommen betroffen als Männer.
  • In Westdeutschland verdienen Vollzeitbeschäftigte im Jahr 2020 weitaus seltener maximal 2.000 Euro monatlich als in Ostdeutschland. Dies gilt sowohl für Frauen (16 Prozent) als auch ganz besonders für Männer (8 Prozent). Gleichzeitig fällt der geschlechtsbezogene Abstand der Niedrigeinkommen in Westdeutschland mit mehr als 8°Prozentpunkten – immer noch – größer aus als in Ostdeutschland (6°Prozentpunkte).

Zur Einordnung: Wissenschaftliche Studien, die den Niedriglohn – anders als hier – auf Basis der Stundenverdienste berechnen und zudem nicht ausschließlich Vollzeitbeschäftigte in ihre Berechnungen einbeziehen, weisen sogar noch einen deutlich höheren Anteil an Beschäftigten mit Niedrigeinkommen aus. Im Jahr 2019 lag das von ihnen berechnete Niedriglohnrisiko unter allen abhängig Beschäftigten in Deutschland bei 20 Prozent, mit einem deutlich höheren Risiko für Frauen als für Männer (Frauen: 25°Prozent, Männer: 15 Prozent). (5) Die höheren Niedriglohnrisiken von Frauen ergeben sich auch daraus, dass diese häufiger in Teilzeit arbeiten bzw. eine geringfügige Beschäftigung ausüben. (6)

Demgegenüber belegen die hier vorgestellten Ergebnisse eindrücklich, dass der unterschiedliche Erwerbsumfang von Frauen und Männern nur einen Teil des höheren Niedriglohnrisikos von Frauen erklären kann: Selbst wenn Frauen vollzeitbeschäftigt sind, sind sie immer noch 1,9-mal häufiger als Männer dem Risiko ausgesetzt, maximal 2.000 Euro brutto pro Monat zu erwirtschaften.

Bearbeitung: Dietmar Hobler, Svenja Pfahl


Literatur

Kalina, Thorsten / Weinkopf, Claudia (2021): Niedriglohnbeschäftigung 2019 – deutlicher Rückgang vor allem in Ostdeutschland, IAQ-Report 2020-05, letzter Zugriff: 16.09.2021.

Kalina, Thorsten / Weinkopf, Claudia (2017): Niedriglohnbeschäftigung 2015 – bislang kein Rückgang im Zuge der Mindestlohneinführung, IAQ-Report 2017-06, letzter Zugriff: 16.09.2021.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2021): Sozialversicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelte (Jahreszahlen). Deutschland, West/Ost und Kreis, Stichtag 31. Dezember 2020., letzter Zugriff: 16.09.2021.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2019): Sozialversicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelte (Jahreszahlen). Deutschland, West/Ost und Kreis, Stichtag 31. Dezember 2018., letzter Zugriff: 16.09.2021.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2016): Bruttomonatsentgelte von Beschäftigten nach der Revision 2014, Methodenbericht., letzter Zugriff: 16.09.2021.

 


(1) Die Analysen der Bundesagentur für Arbeit basieren auf der Kerngruppe der Vollzeitbeschäftigten (siehe Methodische Anmerkungen).

(2) Als Niedrigeinkommen sind alle Einkommen definiert, die unterhalb des Schwellenwertes von zwei Dritteln des deutschen Medianeinkommens liegen. Diese Schwellenwerte werden normalerweise auf Basis der Daten eines Jahres ermittelt, und können sich daher im Zeitverlauf ändern. Abweichend davon wird in den vorliegenden Analysen ein fixer Schwellenwert von 2.000 Euro brutto für alle Jahre des Beobachtungszeitraums herangezogen. Der Anteil der Niedrigeinkommen wird dadurch nur näherungsweise bestimmt.

(3) Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2021): Beschäftigungsstatistik, Sozialversicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelte (Jahreszahlen), Tabellenblatt „Corona-Effekt (Hintergrundinfo)“.

(4) Bei der Interpretation der – im Vergleich zu Westdeutschland – höheren Anteile in Ostdeutschland ist zu beachten, dass diese Unterschiede vor allem auf das insgesamt niedrigere Lohnniveau in Ostdeutschland zurückzuführen sind. In vielen wissenschaftlichen Analysen zur Niedriglohnquote werden daher für West- und Ostdeutschland jeweils eigene Medianwerte bestimmt, um die jeweilige regionale Niedriglohnquote zu ermitteln.

(5) Vgl. Kalina, Thorsten / Weinkopf, Claudia (2021): Niedriglohnbeschäftigung 2019, S. 6f und Tabelle 1 auf S. 9.

(6) Vgl. Kalina, Thorsten / Weinkopf, Claudia (2017): Niedriglohnbeschäftigung 2015, S. 14.

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