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WSI GenderDatenPortal: Erwerbsarbeit: Vertikale Segregation des Arbeitsmarktes 2021

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Frauen in Deutschland arbeiten im Jahr 2021 seltener als Männer in einer leitenden Stellung. Dies gilt sowohl für Frauen in Vollzeitbeschäftigung als auch – in noch viel stärkerem Maße – für teilzeitbeschäftigte Frauen. Die ungleiche Verteilung beider Geschlechter auf die fünf Leistungsgruppen ist ein Indikator für die geschlechterbezogene vertikale Segregation des deutschen Arbeitsmarktes. (1)

Die Anzeichen für eine vertikale Segregation von Frauen und Männern fallen für Vollzeitbeschäftigte über die verschiedenen Leistungsgruppen hinweg unterschiedlich deutlich aus:

  • In der höchsten Leistungsgruppe – den Arbeitnehmer*innen in leitender Stellung – sind 10 Prozent aller vollzeitbeschäftigten Frauen tätig, aber 13 Prozent aller Männer.
  • In der zweithöchsten Leistungsgruppe – den herausgehobenen Fachkräften – sind Frauen und Männer annähernd gleich häufig beschäftigt (mit rund einem Viertel).
  • Als Fachkraft – also in der mittleren Leistungsgruppe – arbeitet fast jede zweite vollzeitbeschäftigte Frau (47 Prozent) sowie 44 Prozent der vollzeitbeschäftigten Männer.
  • Jede achte vollzeitbeschäftigte Frau (12 Prozent) bzw. jeder siebte Mann (15 Prozent) arbeitet als angelernte*r Arbeitnehmer*in.
  • In der untersten Leistungsgruppe – den ungelernten Arbeitnehmer*innen – sind jeweils nur wenige Frauen und Männer beschäftigt (6 bzw. 5 Prozent).

Für Teilzeitbeschäftigte fallen die Hinweise auf eine vertikale Segregation – über alle Leistungsgruppen hinweg – sogar noch deutlicher aus:

  • Männer in Teilzeit arbeiten doppelt so häufig (12 Prozent) in einer leitenden Stellung wie Frauen (6 Prozent).
  • Als herausgehobene Fachkräfte – der zweithöchsten Leistungsgruppe – sind Frauen und Männer in Teilzeit annähernd gleich häufig beschäftigt (mit 18 bzw. 17 Prozent).
  • Sehr große Unterschiede sind für die Teilzeitbeschäftigten in der mittleren Leistungsgruppe festzustellen: Als Fachkraft arbeitet fast jede zweite Frau (47 Prozent), aber nur knapp jeder dritte Mann (31 Prozent).
  • Teilzeitbeschäftigte Männer sind häufiger in den beiden unteren Leistungsgruppen anzutreffen als Frauen: Als Angelernte*r arbeitet rund jeder vierte Mann (22 Prozent) aber nur jede sechste Frau (17 Prozent), als Ungelernte*r ist fast jeder fünfte Mann (18 Prozent) aber nur jede achte Frau tätig (12 Prozent).

Im regionalen Vergleich ergibt sich für Westdeutschland eine fast identische Verteilung beider Geschlechter auf die Leistungsgruppen wie für Gesamtdeutschland, während sich für Ostdeutschland ein paar Abweichungen zeigen:

  • Unter den Vollzeitbeschäftigten erweist sich die vertikale Segregation als vergleichsweise günstig für Frauen in Ostdeutschland: eine leitende Position nehmen Frauen hier geringfügig häufiger als Männer ein (11 bzw. 10 Prozent) und als herausgehobene Fachkraft ist zudem fast ein Viertel aller Frauen (24 Prozent) aber weniger als ein Fünftel der Männer tätig (18 Prozent). Demgegenüber weisen Männer jeweils etwas höhere Anteile bei den Fachkräften (52 gegenüber 49 Prozent) sowie angelernten Arbeitnehmer*innen auf (16 gegenüber 12 Prozent). In Westdeutschland hingegen sind Frauen seltener als Männer in leitender Position und auch nur geringfügig häufiger als diese als herausgehobene Fachkraft tätig.
  • Unter den Teilzeitbeschäftigten erweist sich die vertikale Segregation in Ostdeutschland hingegen als etwas weniger günstiger für Frauen: Teilzeitbeschäftigte Frauen bekleiden hier nur halb so oft eine leitende Stellung wie Männer (5 gegenüber 10 Prozent) und sind dafür deutlich häufiger als Fachkräfte, d.h. in der mittleren Leistungsgruppe, zu finden. Die Situation in Westdeutschland ist fast identisch hierzu.

Fazit: Für Voll- wie Teilzeitbeschäftigte gilt in der Regel, dass anteilig mehr Männer als Frauen in der höchsten Leistungsgruppe anzutreffen sind – mit Ausnahme für die Vollzeitbeschäftigten in Ostdeutschland, wo es Frauen anteilig häufiger in die höchste Leistungsgruppe schaffen als Männer. Die vertikale, geschlechterspezifische Segregation ist für Teilzeitbeschäftigte noch stärker ausgeprägt als für Vollzeitbeschäftigte. Dabei gilt – wenn auch für Vollzeitbeschäftigte etwas schwächer: Männer finden sich überproportional häufig am oberen, aber auch am unteren Ende der fünf Leistungsgruppen, Frauen hingegen verstärkt in den mittleren Leistungsgruppen (Fachkräfte sowie herausgehobene Fachkräfte).

Die Gründe für die vertikale Segregation zwischen Frauen und Männern wurden in einer Studie zu langfristigen Berufsverläufen von Frauen und Männern in der deutschsprachigen Schweiz untersucht (2): Neben dem Ausbildungsabschluss und gewissen Persönlichkeitseigenschaften spielen gerade auch die unterschiedlichen Folgen von (familienbedingten) Erwerbsunterbrechungen im weiteren Lebensverlauf für Frauen und Männern eine große Rolle. Männer investieren insgesamt mehr in ihre Karriere, besuchen mehr berufsspezifische Weiterbildungen und wechseln bis zum 50. Lebensjahr häufiger ihren Beruf. Familienbedingte Unterbrechungen wirken sich negativ auf den Berufsstatus aus, die Aus- und Weiterbildungsaktivitäten der Männer in dieser Phase dagegen positiv. Es kommt bei Männern daher häufiger zu einem beruflichen Aufstieg im Betrieb oder einer beruflichen Weiterentwicklung (meist im gleichen Tätigkeitsfeld) als bei Frauen – und damit zu größerer vertikaler Mobilität.

Die vertikale Segregation wird auch mittels der Verteilung von Führungspositionen beschrieben. (3) Als mögliche Gründe, weshalb Frauen seltener in Führungspositionen gelangen, werden in der Literatur zur Verteilung von Führungspositionen die weit verbreitete traditionelle Arbeitsteilung in den Familien genannt, welche den beruflichen Aufstieg von Frauen behindert. (4). Ebenso spielen aber auch „strukturelle Barrieren, wie nicht standardisierte und wenig transparente Auswahlverfahren bei der Stellenbesetzung“, „der fehlende Zugang zu karriererelevanten Netzwerken“, sowie vorherrschende Stereotype, „die Frauen bestimmte Verhaltensmuster wie eine geringe Karriereorientierung“ zuschreiben, eine wichtige Rolle. (5)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen


Bearbeitung:  Svenja Pfahl, Eugen Unrau


Literatur

Bundesagentur für Arbeit (2022): Mehrwert schaffen - Minijobs umwandeln. Presseinfo Nr. 84, 05.10.2022, letzter Zugriff: 28.08.2023.

Häfeli, Kurt/Hättich, Achim/Schellenberg, Claudia/Schmaeh, Nicolas (2015): Gründe für zunehmende vertikale Geschlechtersegregation im Erwachsenenalter. In: Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften 37 (2015) 2, S. 341-360, letzter Zugriff: 28.03.2023

Kohaut, Susanne/Möller, Iris (2022): Führungspositionen in Betrieben und Verwaltungen: Der Weg nach ganz oben bleibt Frauen oft versperrt, IAB-Kurzbericht 01/2022, Nürnberg, letzter Zugriff: 28.03.2023.

Kohaut, Susanne/Möller, Iris (2019): Frauen in leitenden Positionen: Leider nichts Neues auf den Führungsetagen, IAB-Kurzbericht 23/2019, Nürnberg, letzter Zugriff: 28.03.2023.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2022): Betriebliche Führungspositionen nach Führungseben 2004-2020. In: WSI GenderDatenPortal.

Statistisches Bundesamt (2022): Verdienste und Arbeitskosten. Arbeitnehmerverdienste 2021, Fachserie 16, Reihe 2.3, letzter Zugriff: 28.03.2023.

Statistisches Bundesamt (2021): Qualitätsbericht. Vierteljährliche Verdiensterhebung. In: Verdienste und Arbeitskosten. Arbeitnehmerverdienste 2021, Fachserie 16, Reihe 2.3., S. 4-14, letzter Zugriff: 28.03.2023.


(1) Zur inhaltlichen Definition der „Leistungsgruppen“ siehe Glossar.

(2) Vgl. Häfeli, Kurt / Hättich, Achim / Schellenberg, Claudia / Schmaeh, Nicolas (2015): Gründe für zunehmende vertikale Geschlechtersegregation im Erwachsenenalter., S. 341-360.

(3) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2022): Betriebliche Führungspositionen nach Führungseben 2004-2020. In: WSI GenderDatenPortal.

(4) Kohaut, Susanne/Möller, Iris (2019): Frauen in leitenden Positionen: Leider nichts Neues auf den Führungsetagen, S. 6.

(5) Kohaut, Susanne/Möller, Iris (2022): Führungspositionen in Betrieben und Verwaltungen: Der Weg nach ganz oben bleibt Frauen oft versperrt, S. 7.

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