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WSI GenderDatenPortal: Erwerbsarbeit: Vertikale Segregation des Arbeitsmarktes 2020

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Frauen in Deutschland arbeiten im Jahr 2020 seltener als Männer in einer leitenden Stellung. Dies gilt sowohl für Frauen in Vollzeitbeschäftigung als auch – in noch viel stärkerem Maße – für teilzeitbeschäftigte Frauen. Die ungleiche Verteilung beider Geschlechter auf die fünf Leistungsgruppen ist ein Indikator für die geschlechterbezogene vertikale Segregation des deutschen Arbeitsmarktes. (1)

Die Anzeichen für eine vertikale Segregation von Frauen und Männern fallen für Vollzeitbeschäftigte über die verschiedenen Leistungsgruppen hinweg unterschiedlich deutlich aus:

  • In der höchsten Leistungsgruppe – den Arbeitnehmer*innen in leitender Stellung – sind 10 Prozent aller vollzeitbeschäftigten Frauen tätig, aber 13 Prozent aller Männer.
  • In der zweithöchsten Leistungsgruppe – den herausgehobenen Fachkräften – sind Frauen und Männer annähernd gleich häufig beschäftigt (mit rund einem Viertel).
  • Als Fachkraft – also in der mittleren Leistungsgruppe – arbeitet fast jede zweite vollzeitbeschäftigte Frau (48 Prozent), aber nur 44 Prozent der vollzeitbeschäftigten Männer.
  • Jede achte vollzeitbeschäftigte Frau (12 Prozent) sowie jeder siebte Mann (14 Prozent) arbeitet als angelernte*r Arbeitnehmer*in.
  • In der untersten Leistungsgruppe – den ungelernten Arbeitnehmer*innen – sind jeweils nur wenige Frauen und Männer beschäftigt (6 bzw. 5 Prozent).

Für Teilzeitbeschäftigte fallen die Hinweise auf eine vertikale Segregation – über alle Leistungsgruppen hinweg – sogar noch deutlicher aus:

  • Männer in Teilzeit arbeiten doppelt so häufig (12 Prozent) in einer leitenden Stellung wie Frauen (6 Prozent).
  • Als herausgehobene Fachkräfte – der zweithöchsten Leistungsgruppe – sind Frauen in Teilzeit etwas häufiger beschäftigt als Männer (mit 18 gegenüber 16 Prozent).
  • Sehr große Unterschiede sind für die Teilzeitbeschäftigten in der mittleren Leistungsgruppe festzustellen: Als Fachkraft arbeitet fast jede zweite Frau (47 Prozent), aber nur knapp jeder dritte Mann (31 Prozent).
  • Teilzeitbeschäftigte Männer sind häufiger in den beiden unteren Leistungsgruppen anzutreffen als Frauen: Als Angelernte*r arbeitet fast jeder vierte Mann (23 Prozent) aber nur jede sechste Frau (17 Prozent), als Ungelernte*r ist fast jeder fünfte Mann (18 Prozent) aber nur jede achte Frau tätig (12 Prozent).

Im regionalen Vergleich ergibt sich für Westdeutschland eine fast identische Verteilung beider Geschlechter auf die Leistungsgruppen wie für Gesamtdeutschland, während sich für Ostdeutschland bemerkenswerte Unterschiede zeigen:

  • Unter den Vollzeitbeschäftigten in Ostdeutschland fällt die vertikale Segregation zugunsten der Frauen aus: eine leitende Position nehmen Frauen und Männer fast gleich häufig ein (jeweils 10 Prozent). In Ostdeutschland ist fast ein Viertel der Frauen (24 Prozent) als herausgehobene Fachkraft beschäftigt, aber weniger als ein Fünftel der Männer (18 Prozent). Demgegenüber weisen Männer jeweils etwas höhere Anteile bei den Fachkräften (52 gegenüber 49 Prozent) und bei den angelernten Arbeitnehmer*innen (16 gegenüber 12 Prozent) auf. .
  • Unter den Teilzeitbeschäftigten erweist sich die vertikale Segregation in Ostdeutschland sogar als etwas stärker ausgeprägter als in Westdeutschland: Teilzeitbeschäftigte Frauen bekleiden hier noch seltener eine leitende Stellung (5 Prozent gegenüber 10 Prozent der Männer) und konzentrieren sich etwas stärker auf die mittlere Leistungsgruppe (also die Fachkräfte) als in Westdeutschland.

Fazit: Für Voll- wie Teilzeitbeschäftigte gilt, dass anteilig mehr Männer als Frauen in der höchsten Leistungsgruppe anzutreffen sind. Die empirischen Befunde zeigen zudem, dass die vertikale Segregation nach Geschlecht für Teilzeitbeschäftigte noch stärker ausgeprägt ist als für Vollzeitbeschäftigte. Dabei gilt (in abgeschwächter Form auch für die Vollzeitbeschäftigten): Männer finden sich überproportional häufig am oberen, aber auch am unteren Ende der insgesamt fünf Leistungsgruppen, Frauen sind hingegen verstärkt in der mittleren Leistungsgruppe der Fachkräfte vertreten.

Die Gründe für die vertikale Segregation zwischen Frauen und Männern wurden aktuell in einer Studie zu langfristigen Berufsverläufen von Frauen und Männern in der deutschsprachigen Schweiz untersucht (2): Neben dem Ausbildungsabschluss und gewissen Persönlichkeitseigenschaften spielen gerade auch die unterschiedlichen Folgen von (familienbedingten) Erwerbsunterbrechungen im weiteren Lebensverlauf für Frauen und Männern eine große Rolle. Männer investieren insgesamt mehr in ihre Karriere, besuchen mehr berufsspezifische Weiterbildungen und wechseln bis zum 50. Lebensjahr häufiger ihren Beruf. Familienbedingte Unterbrechungen wirken sich negativ auf den Berufsstatus aus, die Aus- und Weiterbildungsaktivitäten der Männer in dieser Phase dagegen positiv. Es kommt bei Männern daher häufiger zu einem beruflichen Aufstieg im Betrieb oder einer beruflichen Weiterentwicklung (meist im gleichen Tätigkeitsfeld) als bei Frauen – und damit zu größerer vertikaler Mobilität.

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen


Bearbeitung: Dietmar Hobler, Svenja Pfahl, Maike Wittmann


Literatur

Häfeli, Kurt / Hättich, Achim / Schellenberg, Claudia / Schmaeh, Nicolas (2015): Gründe für zunehmende vertikale Geschlechtersegregation im Erwachsenenalter. In: Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften 37 (2015) 2, S. 341-360, letzter Zugriff: 06.12.2021

Statistisches Bundesamt (2021a): Verdienste und Arbeitskosten. Arbeitnehmerverdienste 2020, Fachserie 16, Reihe 2.3., letzter Zugriff: 06.12.2021.

Statistisches Bundesamt (2021b): Qualitätsbericht. In: Verdienste und Arbeitskosten. Arbeitnehmerverdienste– Lange Reihen. 2. Vierteljahr 2021, Fachserie 16 Reihe 2.4, S. 1-14, letzter Zugriff: 06.12.2021.


(1) Zur inhaltlichen Definition der „Leistungsgruppen“ siehe Glossar.

(2) Vgl. Häfeli, Kurt / Hättich, Achim / Schellenberg, Claudia / Schmaeh, Nicolas (2015): Gründe für zunehmende vertikale Geschlechtersegregation im Erwachsenenalter., S. 341-360.

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