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WSI GenderDatenPortal: Sorgearbeit: Zeitaufwand für bezahlte und unbezahlte Arbeit 2022

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Erwerbstätige Frauen insgesamt haben im Jahr 2022 mit gut 54 Stunden eine etwas höhere Gesamtarbeitszeit in der Woche als Männer mit 53 Stunden (vgl. Grafik 1; 54:20 Std. gegenüber 53:13 Std.). (1) Außerdem setzt sich die Gesamtarbeitszeit bei Frauen und Männern unterschiedlich zusammen: Frauen leisten mehr unbezahlte Arbeit als Männer, während Männer mehr bezahlte Arbeit leisten als Frauen (Grafik 1):

  • Bezahlte Arbeit: Männer (35:35 Std. pro Woche) verbringen 25 Prozent mehr Zeit mit bezahlter Erwerbsarbeit als Frauen (28:25 Std.).
  • Bei der unbezahlten Arbeit ist es umgekehrt: Frauen (25:55 Std.) verbringen fast 50 Prozent mehr Zeit mit unbezahlter Arbeit als Männer (17:38 Std.).

Die unbezahlte Arbeit umfasst Tätigkeiten aus verschiedenen Arbeitsbereichen, wie z.B. Hausarbeit, Fürsorgearbeit (für Kinder sowie Pflege), ehrenamtliche Tätigkeiten (zur Definition von „unbezahlter Arbeit“ vgl. Glossar). (2)

Der jeweilige Mix aus bezahlter und unbezahlter Arbeit bei Frauen und Männern unterscheidet sich deutlich mit dem Erwerbsumfang:

  • Vollzeiterwerbstätige Frauen und Männer haben zwar ähnliche Gesamtarbeitszeiten (Frauen 55:01 Std., Männer 54:21 Std.), sie übernehmen jedoch unterschiedlich viel unbezahlte Arbeit. So wenden Männer nur rund 32 Prozent ihrer Gesamtarbeitszeit für unbezahlte Arbeit auf (17:11 Std. von 54:21 Std.), Frauen jedoch rund 36 Prozent (20:17 von 57:01 Std.). Insgesamt leisten vollzeiterwerbstätige Frauen damit 3 Stunden mehr unbezahlte Arbeit in der Woche als vollzeiterwerbstätige Männer.
  • Teilzeiterwerbstätige Frauen haben eine um knapp 10 Stunden höhere Gesamtarbeitszeit als teilzeiterwerbstätige Männer (Frauen 53:38 Std.; Männer 43:41 Std.) und verwenden mit 31:44 Stunden den überwiegenden Teil ihrer Gesamtarbeitszeit pro Woche für unbezahlte Arbeit. Die unbezahlte Arbeit nimmt bei ihnen einen 60-Prozent-Anteil an der Gesamtarbeitszeit ein. Teilzeiterwerbstätige Männer leisten mit etwa 22 Stunden ähnlich viel bezahlte Arbeit wie die Frauen, zugleich leisten sie jedoch deutlich weniger unbezahlte Arbeit (21:20 Std.) als teilzeiterwerbstätige Frauen. Bei den Männern stellt die unbezahlte Arbeit mit einem 49-Prozent-Anteil gerade noch den kleineren Teil an der Gesamtarbeitszeit.

Auch die Elternschaft, d.h. das Vorhandensein von Kind(ern) und deren Alter ist entscheidend für die Gesamtarbeitszeit und den jeweiligen Mix aus bezahlter und unbezahlter Arbeitszeit von Frauen und Männern (Grafik 2):

  • Mit Kind(ern) im Haushalt steigt die wöchentliche Gesamtarbeitszeit deutlich an: bei Müttern (60:21 Std.) um gut 8 Stunden gegenüber Frauen ohne Kinder (52:01 Std.), bei Vätern (60:33 Std.) um knapp 10 Stunden gegenüber Männern ohne Kinder (50:43 Std.). Die Gesamtarbeitszeit von Müttern und Vätern ist mit gut 60 Stunden pro Woche aber vergleichbar hoch.
  • Allerdings wird der Mix aus bezahlter und unbezahlter Arbeit mit dem Vorhandensein von Kindern deutlich ungleicher, im Vergleich zu erwerbstätigen Frauen und Männern ohne Kinder: Mütter verbringen sogar zwei Drittel ihrer Gesamtarbeitszeit mit unbezahlter Arbeit (36:42 Std.) und leisten damit fast doppelt so viel unbezahlte Arbeit wie Frauen ohne Kind(er) (20:43 Std.). Auch Väter verbringen rund 40 Prozent ihrer Gesamtarbeitszeit mit unbezahlter Arbeit (24:30 Std.), sie leisten damit jedoch „nur“ rund ein Drittel mehr unbezahlte Arbeit als Männer ohne Kind(er) (15:47 Std.).
  • Der mit dem Vorhandensein von Kindern einhergehende Zuwachs der Gesamtarbeitszeiten bei Müttern und Vätern ergibt sich einerseits aus einem Zuwachs an bezahlter Arbeit bei Vätern (aber: Rückgang bei den Müttern) sowie aus einer Verdopplung der unbezahlten Arbeit bei Müttern, aber nur einem Zuwachs von einem Drittel bei den Vätern (jeweils gegenüber erwerbstätigen Frauen und Männern ohne Kinder). Im Ergebnis dieser gegensätzlichen zeitlichen Schwerpunktsetzungen arbeiten Mütter im Durchschnitt kürzer bezahlt als Frauen ohne Kinder (rund 8 Std. pro Woche), Väter hingegen arbeiten länger bezahlt als Männer ohne Kinder (etwa 1 Std. pro Woche).
  • Für Erwerbstätige mit Kind(ern) unter 6 Jahren fallen die Geschlechterunterschiede in der Zeitverwendung am deutlichsten aus. Mütter mit Kleinkindern verbringen sogar 70 Prozent ihrer Gesamtarbeitszeit mit unbezahlter Arbeit (44:33 Std. von 63:47 Std.), Väter mit Kleinkindern aber nur 45 Prozent und damit weniger als die Hälfte ihrer Gesamtarbeitszeit (29:21 Std. von 64:21 Std.). Auch wenn die Gesamtarbeitszeit von erwerbstätigen Müttern und Vätern mit Kleinkindern fast gleich lang ist (um die 64 Std. pro Woche), übernehmen die Mütter in dieser Lebensphase rund 15 Stunden pro Woche mehr unbezahlte Arbeit als Väter. In dieser Lebensphase fällt der zeitliche Mix aus bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen erwerbstätigen Frauen und Männern am gegensätzlichsten aus.
  • Selbst wenn die Kinder im Schulalter sind (6 bis 18 Jahre), setzt sich die Gesamtarbeitszeit der Mütter zu 54 Prozent – und damit überwiegend – aus unbezahlter Arbeit (31:25 Std.) und nur zu 46 Prozent aus bezahlter Erwerbsarbeit zusammen (26:37 Std.). Die Zeitstruktur von Müttern mit Schulkindern ähnelt damit weiterhin stark der von Müttern mit Kleinkindern. Väter von Schulkindern verbringen hingegen nur (noch) ein gutes Drittel ihrer Zeit mit unbezahlter Arbeit (20:03 Std.) sowie zwei Drittel mit bezahlter Arbeit (37:01 Std.) – und ähneln damit in ihrer Zeitstruktur wieder stärker Männern ohne Kind(er).

Bewertung der Zeiten (Grafik 3): Immerhin jede vierte erwerbstätige Mutter stellt fest, dass ihr aktuell nicht ausreichend genug Zeit für Erwerbsarbeit bleibt (24%). Dies trifft nur auf jeden sechsten Vater zu (17%). Diese Ergebnisse sind auch ein Hinweis darauf, dass das institutionelle Kinderbetreuungsangebot eine notwendige Unterstützung vor allem für erwerbstätige Mütter (aber auch Väter) ist, um ihren gewünschten Erwerbsumfang realisieren zu können. (3) Jedoch bleibt gleichzeitig der Mehrheit der erwerbstätigen Mütter (59%) und erst recht der Väter (62%) nicht ausreichend genug Zeit für die Kinder. Dies ist u.a. ein deutlicher Hinweis darauf, dass es in den Betrieben immer noch an familiensensiblen, flexiblen Arbeitszeiten und/oder an Optionen zur befristeten Reduzierung bzw. Unterbrechung der bezahlten Arbeit mangelt. (4) Um insbesondere Frauen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu unterstützen, braucht es einen weiteren Ausbau der institutionellen Kinderbetreuungsangebote. (5)

Fazit: Insbesondere bei erwerbstätigen Müttern und Vätern mit (Klein-)Kindern ist die unbezahlte Arbeit im Durchschnitt gerade nicht egalitär, sondern stark entlang einer traditionellen geschlechtlichen Arbeitsteilung verteilt. Dies wird durch institutionelle Rahmenbedingungen wie Minijobs, die beitragsfreie Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung und/oder das Ehegattensplitting unterstützt, da von ihnen Anreize zur Ausübung einer Beschäftigung mit geringem Stundenumfang für einen der beiden Elternteile ausgehen. (6)

Teilzeiterwerbstätige Frauen weisen ähnlich lange Gesamtarbeitszeiten wie vollzeiterwerbstätige Frauen (und vollzeiterwerbstätige Männer) auf, verwenden aber nur einen deutlich kleineren Teil ihrer Gesamtarbeitszeit für bezahlte Arbeit. Und dies hat Folgen: denn langfristige Teilzeitarbeit führt zu deutlichen Nachteilen im (weiteren) Erwerbs- und Lebensverlauf. (7)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den PDF-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau


Literatur

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2020): (Existenzsichernde) Erwerbstätigkeit von Müttern. Konzepte, Entwicklungen und Perspektiven. Monitor Familienforschung: Beiträge aus Forschung, Statistik und Familienpolitik. Ausgabe 41.

Kahle, Irene (2004): Alleinerziehende im Spannungsfeld zwischen Beruf und Familie. In: Statistisches Bundesamt (2004): Alltag in Deutschland. Analysen zur Zeitverwendung, Forum der Bundesstatistik Band 43, S. 175-193.

Lott, Yvonne (2024): Alles beim Alten: Der Gender Care Gap in der Erwerbsbevölkerung, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI): WSI Policy Brief, Nr. 83, 09/2024, Düsseldorf.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Erwerbskonstellationen in Paarhaushalten 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Teilzeitquoten nach Elternschaft und Alter des jüngsten Kindes 2022.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024c): Zeitaufwand für unbezahlte Arbeit (inkl. Fürsorgearbeit und Ehrenamt) 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023a): Betreuungsquoten von Kindern unter drei Jahren nach Alter 2010-2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023b): Ganztagsbetreuung von Kleinkindern nach Alter und Region 2007-2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023c): Minijobs als einzige Erwerbstätigkeit 2004-2021. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023d): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991-2021. In: WSI GenderDatenPortal.

Reuyß, Stefan/Rauschnick, Laura/Kanamüller, Alexander (2016): Expertise Arbeitszeit. Qualitative Ergebnisse für Deutschland, hrsg. von der Kommission „Arbeit der Zukunft“, Berlin, letzter Zugriff: 05.08.2024.

Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2024): Personenfragebogen Zeitverwendung (ZVE 2022). In: Statistisches Bundesamt (2024a): Qualitätsbericht. Zeitverwendungserhebung (ZVE). 2022, Wiesbaden.

Statistisches Bundesamt (2024a): Qualitätsbericht. Zeitverwendungserhebung (ZVE). 2022, Wiesbaden.

Statistisches Bundesamt (2024b): Statistischer Bericht: Erhebung zur Zeitverwendung privater Haushalte 2022. Tabellenblätter „Informationen zur Statistik“ sowie „63911-00“ und „63911-01“.

Statistisches Bundesamt (2024c): Zeitverwendungserhebung 2022. Aktivitätenliste (Stand 06.06.2024).

Statistisches Bundesamt (2022): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Haushalte und Familien. Ergebnisse des Mikrozensus 2020 (Endergebnisse), Fachserie 1 Reihe 3.


(1) Das Konzept der Gesamtarbeitszeit wurde von Irene Kahle weiter ausgeführt (vgl. Kahle 2004: Alleinerziehende im Spannungsfeld zwischen Beruf und Familie, S. 175-193).

(2) Zum Zeitaufwand von Frauen und Männern für verschiedene unbezahlte Tätigkeiten siehe Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024c): Zeitaufwand für unbezahlte Arbeit (inkl. Fürsorgearbeit und Ehrenamt) 2022.

(3) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023a): Betreuungsquoten von Kindern unter drei Jahren nach Alter 2010-2022 sowie Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023b): Ganztagsbetreuung von Kleinkindern nach Alter und Region 2007-2020.

(4) Vgl. Reuyß, Stefan/Rauschnick, Laura/Kanamüller, Alexander (2016): Expertise Arbeitszeit. Qualitative Ergebnisse für Deutschland, hrsg. von der Kommission „Arbeit der Zukunft“, Berlin. Zu Teilzeitquoten auch Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023d): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991-2021 sowie Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Teilzeitquoten nach Elternschaft und Alter des jüngsten Kindes 2023.

(5) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023a): Betreuungsquoten von Kindern unter drei Jahren nach Alter 2010-2022 sowie Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023b): Ganztagsbetreuung von Kleinkindern nach Alter und Region 2007-2020.

(6) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023c): Minijobs als einzige Erwerbstätigkeit 2004-2021 sowie Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Erwerbskonstellationen in Paarhaushalten 2022.

(7) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023d): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991-2021.

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