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WSI Verteilungsmonitor: Frage 3: Schadet Ungleichheit dem Wachstum?

3. Schadet Ungleichheit dem Wachstum?

In der neoklassischen Theorie galt bis Mitte der 1990er Jahre die These, dass sich Gleichheit und Wirtschaftswachstum ausschließen. Es wurde argumentiert, dass Markteingriffe zur Reduzierung der Ungleichheit Leistungsanreize mindern und somit zu weniger Wirtschaftswachstum führen würden (Behringer et al. 2016).

Dass sich diese theoretische Vermutung aber nicht unbedingt mit den empirischen Beobachtungen deckt, zeigte eine Untersuchung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Demnach haben Länder mit einer größeren Einkommensungleichheit ein geringeres Wirtschaftswachstum und kürzere Wachstumsphasen als Länder mit ein weniger ausgeprägten Einkommensungleichheit (Cingano 2014; Ostry et al. 2014). Zudem zeigt eine OECD-Studie, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland, aber auch in anderen OECD-Ländern, zwischen 1990 und 2010 deutlich stärker gewachsen wäre, wenn die Ungleichheit konstant geblieben wäre.

Die OECD-Studie wurden in Deutschland zwar teilweise aufgrund des methodischen Vorgehens kritisiert (Niehus/Kolev 2018) und Gegenbeispiele legen nahe, dass dieser Befund nicht für alle Länder gilt (Fuest et al. 2018). Für Deutschland deutet jedoch vieles darauf hin, dass der Anstieg der Ungleichheit seit den 1990er Jahren die wirtschaftliche Entwicklung belastet haben dürfte. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kommt etwa zu dem Ergebnis, dass das reale Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im Jahr 2015 rund 40 Mrd. Euro höher ausgefallen wäre, wenn die Einkommensungleichheit auf dem Niveau der Wiedervereinigung geblieben wäre. Zu beachten ist, dass dabei langfristige Effekte untersucht werden, bei kurzfristigeren Zeiträumen kann der Effekt durchaus schwächer ausfallen. Denn erst langfristig kommen die ungleichen Investitionen einkommensschwächerer Haushalte in Humankapital zu tragen und dämpfen somit die gesamte Konsumnachfrage (Albig et al. 2017).

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Literatur

Albig, H./Clemens, M./Fichtner, F./Gebauer, S./Junker, S./Kholodilin, K. (2017): Wie steigende Einkommensungleichheit das Wirtschaftswachstum in Deutschland beeinflusst. DIW Wochenbericht Nr. 10, S. 159-168, Berlin.

Behringer, J./Theobald, T./van Treeck, T. (2016): Ungleichheit und makroökonomische Instabilität: Eine Bestandsaufnahme. WISO Diskurs, FES.

Cingano, F. (2014), Trends in Income Inequality and its Impact on Economic Growth. OECD Social, Employment and Migration Working Papers, No. 163.

Dabla-Norris, E./Kochhar, K./Suphaphiphat, N./Ricka, F./Tsounta, E. (2015): Causes and Consequences of Income Inequality: A Global Perspective, IMF Staff Discussion Note, Juni 2015. 

Fuest, C./Neumeier, F./Stöhlker, D. (2018): Ungleichheit und Wirtschaftswachstum: Warum OECD und IWF falsch liegen. ifo Schnelldienst, 71 (10), S. 22-25.

Kolev, G./Niehus, J. (2018): Ungleichheit und Wirtschaftswachstum – ein nicht-linearer Zusammenhang. ifo Schnelldienst, 71 (15), S. 6-9.

OECD: In It Together – Why Less Inequality Benefits All, Mai 2015. Online verfügbar.

Ostry, J. D. / Berg, A./ Tsangarides, C. G. (2014): Redistribution, In­equality, and Growth, IMF Staff Discussion Note, Februar 2014.

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