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WSI GenderDatenPortal: Transformation: Substituierbarkeitspotenziale nach Anforderungsniveaus 2013-2022

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Sowohl insgesamt, als auch einzeln für jedes der vier beruflichen Anforderungsniveau gilt: Frauen üben im Jahr 2022 seltener als Männer Tätigkeiten aus, die von Computern oder computergesteuerten Maschinen übernommen werden können (vgl. Grafik 1). Der Grund dafür ist, dass die Berufe, in denen Frauen tätig sind, ein insgesamt durchschnittlich niedrigeres Substituierbarkeitspotenzial aufweisen als die von Männern ausgeübten Berufe. (1)

Zu den Begriffen: Die potentielle Ersetzbarkeit menschlicher Arbeit durch Computer bzw. durch computergesteuerte Maschinen fasst das sog. Substituierbarkeitspotenzial in einer Prozentzahl zusammen: als Anteil der beruflichen Kerntätigkeiten im ausgeübten Beruf, der schon heute potenziell durch computergestützte Technologie übernommen werden könnte (vgl. Glossar). Im Anforderungsniveau werden die formalen Voraussetzungen für die Ausübung eines Berufes zusammengefasst. Dabei werden vier Niveaus unterschieden: Helfer*innenberufe, Fachkraftberufe, Spezialist*innenberufe sowie Expert*innenberufe (vgl. Glossar).

Über alle Anforderungsniveaus hinweg könnten insgesamt 52 Prozent der von Frauen geleisteten beruflichen Tätigkeiten aktuell durch computergestützte Technologie ersetzt werden (2052). Das Substituierbarkeitspotenzial der von Männern geleisteten Tätigkeiten liegt noch um 7 Prozentpunkte höher, bei insgesamt 59 Prozent.

Mit den vier Anforderungsniveaus gehen Unterschiede in der Ersetzbarkeit menschlicher Arbeit durch computergestützte Technologie einher: Wie Grafik 1 zeigt, sind die Tätigkeiten in Helfer*innenberufen und Fachkraftberufen sowohl bei Frauen als auch Männern zu einem höheren Anteil durch Computer bzw. computergesteuerten Maschinen substituierbar als die Tätigkeiten in Spezialist*innen- oder Expert*innenberufen. Je höher das Anforderungsniveau im Beruf, desto geringer ist also der Anteil an potenziell substituierbaren Tätigkeiten. (2) Dabei ist der absolut dominierende Teil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen und Männer 2022 in Deutschland als Fachkraft tätig (vgl. Grafik 1).

Auf unterschiedlichem Niveau bestätigt sich die insgesamt beschriebene Geschlechterlücke auch für alle vier Anforderungsniveaus.

  • Helfer*innen und Fachkräfte: Bei Frauen sind 49 bzw. 59 Prozent aller Tätigkeiten, bei Männern sogar 65 bzw. 64 Prozent aller Tätigkeiten substituierbar. Die deutliche Geschlechterlücke beträgt aktuell 16 Prozentpunkte (Helfer*innen) bzw. 5 Prozentpunkte (Fachkräfte).
  • Spezialist*innen und Expert*innen: Hier sind 42 bzw. 30 Prozent der Tätigkeiten von Frauen durch computergestützte Technologie ersetzbar, bei Männern sogar 56 bzw. 40 Prozent. Auch hier beträgt die Geschlechterlücke aktuell recht deutliche 14 Prozentpunkte (Spezialist*innen) bzw. 10 Prozentpunkte (Expert*innen).

Betrachtet man die Entwicklung der Substituierbarkeitspotenziale von 2013 bis 2022 (vgl. Grafik 2), so haben diese für Frauen innerhalb von neun Jahren – je nach Anforderungsniveau – zwischen 12 Prozentpunkten (Helferinnen) und 19 Prozentpunkten (Fachkräfte) zugenommen. Für Männer fiel der Anstieg mit 11 Prozentpunkten (Helfer) bis 20 Prozentpunkten (Spezialisten) insgesamt vergleichbar aus. Insgesamt verlief die Zunahme der potentiellen Substituierbarkeit für Frauen wie Männer zwischen 2013 und 2016 besonders sprunghaft. Sie hat sich dann zwischen 2016 und 2022 etwas verlangsamt (insbesondere für Frauen), jedoch nicht für männliche Experten bzw. Spezialisten, deren Substituierbarkeitspotential zwischen 2019 und 2022 noch einmal deutlich zugenommen hat.

  • Zwischen 2013 und 2016 nahm die potenzielle Ersetzbarkeit menschlicher Arbeit durch computergestützte Technologie zunächst am schnellsten bei Helfer*innen als auch bei den Fachkräften zu, d.h. in Berufen mit weniger hohen bzw. mittleren formalen Zugangsqualifikationen.
  • Zwischen 2016 und 2019 war die weitere Zunahme der Substituierbarkeitspotenziale dann bei den Spezialist*innen (Frauen wie Männern) am deutlichsten, d.h. in Berufen mit höherer Zugangsqualifikation. Genauso aber auch bei weiblichen Fachkräften.
  • Zwischen 2019 und 2022 hat das Substituierbarkeitspotenzial sowohl bei Frauen und Männern am deutlichsten bei den Expert*innen zugenommen, aber auch für die männlichen Spezialisten, also in Berufen mit hohen und höchsten Zugangsqualifikationen.

Erklärung: Dies hat wesentlich damit zu tun, dass die in den letzten Jahren marktreif gewordenen Technologien eher auf die Substitution komplexerer Tätigkeiten ausgerichtet sind – und sich damit tendenziell stärker in höher qualifizierten Berufen auswirken. Hinzu kommt, dass es immer schwieriger und aufwändiger wird, Technologien für eine (noch) weitere Automatisierung zu entwickeln, für solche Bereiche, in denen die potenzielle Substituierbarkeit sowieso schon deutlich ausgeprägt ist (d.h. Helfer*innen und Fachkräfte, vgl. Grafik 1). (3)

Diese Ergebnisse bedeuten nicht, dass Frauen in Zukunft weniger von der Digitalisierung betroffen sein werden als Männer. Denn vor allem in den Berufen, in denen häufig Frauen beschäftigt werden, sind in den letzten Jahren weitere Automatisierungen von Tätigkeiten möglich geworden. (4)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau

 

Literatur

Burkert, Carola/Grienberger, Katharina/Matthes, Britta/Röhrig, Annette (2024): Digitale und KI-Technologien verändern inzwischen verstärkt auch die Arbeitswelt von Frauen, in: IAB-Forum, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Burkert, Carola/Grienberger, Katharina/Matthes, Britta (2022): Zweischneidiges Schwert: Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Geschlechterungleichheit am Arbeitsmarkt aus? In: IAB-Forum 13. Juni 2022, letzter Zugriff 09.10.2024.

Dengler, Katharina/Matthes, Britta (2021): Auch komplexere Tätigkeiten könnten zunehmend automatisiert werden. IAB-Kurzbericht 13/2021, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Dengler, Katharina/Matthes, Britta (2020): Substituierbarkeitspotenziale von Berufen und die möglichen Folgen für die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt. Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, letzter Zugriff 09.10.2024.

Grienberger, Katharina/Matthes, Britta/Paulus, Wiebke (2024): Vor allem Hochqualifizierte bekommen die Digitalisierung verstärkt zu spüren. IAB-Kurzbericht 5/2024, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) (2024): Beruf – Struktur – Entwicklung. Erläuterungen, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) (o. J.): Beruf – Struktur – Entwicklung, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Substituierbarkeitspotenziale nach Berufssegmenten 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Substituierbarkeitspotenziale von Frauen und Männern 2013-2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024c): Vertikale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2023): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2022): Qualitätsbericht. Statistik der sozialversicherungspflichtigen und geringfügigen Beschäftigung. Version 7.12, Nürnberg, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2021): Klassifikation der Berufe 2010 – überarbeitete Fassung 2020. Band 1: Systematischer und alphabetischer Teil mit Erläuterungen, Nürnberg, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2015): Methodenbericht. Berufssektoren und Berufssegmente auf Grundlage der KldB 2010, Nürnberg, letzter Zugriff: 09.10.2024.


(1) Vgl. hierzu auch: Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Substituierbarkeitspotenziale von Frauen und Männern 2013-2022. In: WSI GenderDatenPortal sowie Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Substituierbarkeitspotenziale nach Berufssegmenten 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

(2) Zu Substituierbarkeitspotenzialen ohne Geschlechterdifferenzierung vgl. Grienberger, Katharina/Matthes, Britta/Paulus, Wiebke (2024): Vor allem Hochqualifizierte bekommen die Digitalisierung verstärkt zu spüren. IAB-Kurzbericht 5/2024, S. 2f.

(3) Vgl. Dengler, Katharina/Matthes, Britta (2021): Auch komplexere Tätigkeiten könnten zunehmend automatisiert werden. IAB-Kurzbericht 13/2021, S. 5f.

(4) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Substituierbarkeitspotenziale von Frauen und Männern 2013-2022 sowie Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Substituierbarkeitspotenziale nach Berufssegmenten 2022. Jeweils in: WSI GenderDatenPortal. Vgl. zudem Burkert, Carola et al. (2024): Digitale und KI-Technologien verändern inzwischen verstärkt auch die Arbeitswelt von Frauen. In: IAB-Forum.

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