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WSI GenderDatenPortal: Transformation: Substituierbarkeitspotenziale nach Berufssegmenten 2019

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Von Frauen geleistete berufliche Tätigkeiten sind im Jahr 2019 insgesamt etwas weniger durch Computer oder computergesteuerte Maschinen ersetzbar als die von Männern. So könnte zwar die Hälfte der von Frauen insgesamt geleisteten Arbeit (49 Prozent) im Jahr 2019 alternativ durch computergestützte Technologie vollumfänglich ersetzt werden – bei Männern jedoch sogar 55 Prozent. (1)

Der Blick auf die zehn von Frauen und Männern jeweils am häufigsten ausgeübten Berufe in Deutschland macht bereits deutlich, wie stark sich das Substituierbarkeitspotenzial zwischen einzelnen Berufen unterscheidet, auf Grund des dort jeweils typischen Tätigkeitsmix (vgl. Grafik 1). Im häufigsten Frauenberuf – Kauffrau Bürokommunikation – besteht ein deutliches Risiko der Ersetzbarkeit durch computergesteuerte Technologie für Frauen, während gleichzeitig der zweithäufigste Frauenberuf Erzieherin ein Substituierbarkeitspotenzial von Null aufweist. Denn: Verwaltungs- und Sachbearbeitungsaufgaben lassen sich auf der einen Seite so gut wie vollständig automatisieren, die ganz überwiegend erzieherischen, fördernden und kommunikativen Tätigkeiten der Erzieher*innen unterliegen diesem Risiko dagegen fast überhaupt nicht. Ähnlich bei den Männern: Für die Lager- und Transportarbeiter, als häufigstem Beruf unter Männern, besteht ein hohes Risiko der Ersetzbarkeit durch computergestützte Technologie, für Berufskraftfahrer (zweithäufigster Beruf unter Männern) besteht dieses Risiko – zumindest aktuell – kaum.

Zu den Begriffen: Die potentielle Ersetzbarkeit menschlicher Arbeit durch Computer bzw. durch computergesteuerte Maschinen fasst das sog. Substituierbarkeitspotenzial in einer Prozentzahl zusammen: als Anteil der beruflichen Kerntätigkeiten im ausgeübten Beruf, der schon heute potenziell durch computergestützte Technologie übernommen werden könnte (vgl. Glossar). In den vierzehn Berufssegmenten werden jeweils Berufe zusammengefasst, die sich in den Tätigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten ähnlich sind (vgl. Glossar.)

Der Grad der potenziellen Substituierbarkeit im Beruf unterscheidet sich für Frauen und Männer also deutlich danach, in welchem Beruf oder auch zusammenfassenden Berufssegment sie tätig sind (vgl. Glossar). In jedem Beruf bzw. Berufssegment sieht der Mix aus beruflichen (Kern-)Tätigkeiten, der dort zu leisten ist, etwas anders aus. Dabei sind die insgesamt rund 8.000 verschiedenen, von Beschäftigten in ihren jeweiligen Berufen zu leistenden Tätigkeiten (vgl. methodische Anmerkungen) in unterschiedlichem Grad automatisierbar bzw. durch computergestützte Technologie ersetzbar.

Infolgedessen variiert auch das durchschnittliche Substituierbarkeitspotenzial zwischen den 14 Berufssegmenten (vgl. Grafik 2):

  • Am geringsten fällt das durchschnittliche Substituierbarkeitspotenzial für Frauen wie Männer in den sozialen/kulturellen Dienstleistungsberufen aus (13 Prozent),
  • am höchsten für diejenigen, die in einem Fertigungsberuf tätig sind (Frauen: 75 Prozent, Männer: 86 Prozent).

Die Berufssegmente erweisen sich auch als unterschiedlich dynamisch was die Betroffenheit von potenzieller Substituierbarkeit für Frauen und Männer angeht. Insbesondere fünf Berufssegmente erweisen sich aktuell als Treiber für die digitale Transformation der Erwerbsarbeit von Frauen bzw. Männern:

  • Drei Berufssegmente mit hohem Frauenanteil weisen aktuell hohe Substituierbarkeitspotenziale und gleichzeitig eine deutliche Geschlechterlücke auf. Hier sind Frauen im Durchschnitt stärker von der Substituierung durch computergestützte Technologie betroffen als Männer: Unternehmensführung und -organisation, Unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe sowie Handelsberufe. Die hier beschäftigten Frauen sind jeweils um 6 Prozentpunkte (Handelsberufe), um 8 Prozentpunkte (Unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe) oder sogar um 20 Prozentpunkte (Berufe in Unternehmensführung/-organisation) stärker von einer potenziellen Ersetzbarkeit durch computergestützte Technologie bedroht als Männer.
  • Zwei Berufssegmente mit hohem Männeranteil weisen aktuell hohe bzw. höhere Substituierbarkeitspotenziale und eine ausgeprägte Geschlechterlücke auf. Hier sind Männer stärker von der digitalen Transformation betroffen: Fertigungsberufe einerseits und Land-, Forst- und Gartenbauberufe andererseits. Die hier beschäftigten Männer sind um 13 Prozentpunkte (Fertigungsberufe) bzw. um 10 Prozentpunkte (Land-, Forst- und Gartenbauberufe) stärker von einer potenziellen Ersetzbarkeit durch computergestützte Technologie bedroht als die Frauen.

Da Berufe bzw. Berufssegmente, aber auch Computer/computergestützte Technologie sich permanent weiterentwickeln, ist es dennoch aktuell schwierig zu prognostizieren, wie sich die digitale Transformation zukünftig auf die geschlechtsspezifische Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt auswirken wird. (2)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau

 

Literatur

Burkert, Carola/Grienberger, Katharina/Matthes, Britta (2022): Zweischneidiges Schwert: Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Geschlechterungleichheit am Arbeitsmarkt aus? In: IAB-Forum 13. Juni 2022, letzter Zugriff 25.09.2023.

Dengler, Katharina/Matthes, Britta (2021): Auch komplexere Tätigkeiten könnten zunehmend automatisiert werden. IAB-Kurzbericht 13/2021, letzter Zugriff: 25.09.2023.

Dengler, Katharina/Matthes, Britta (2020): Substituierbarkeitspotenziale von Berufen und die möglichen Folgen für die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt. Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, www.dritter-gleichstellungsbericht.de, letzter Zugriff 25.09.2023.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) (2018a): Berufe im Spiegel der Statistik – Erläuterungen, Letzter Zugriff: 25.09.2023.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Substituierbarkeitspotenziale nach Anforderungsniveaus 2013-2019. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Substituierbarkeitspotenziale von Frauen und Männern 2013-2019. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Vertikale Segregation des Arbeitsmarktes 2021. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2023): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Statistik Bundesagentur für Arbeit (2022): Qualitätsbericht. Statistik der sozialversicherungspflichtigen und geringfügigen Beschäftigung. Version 7.12, Nürnberg, letzter Zugriff: 25.09.2023.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2015): Methodenbericht. Berufssektoren und Berufssegmente auf Grundlage der KldB 2010, Nürnberg, letzter Zugriff: 25.09.2023.


(1) Vgl. hierzu auch: Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Substituierbarkeitspotenziale von Frauen und Männern 2013-2019, in: WSI GenderDatenPortal sowie Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Substituierbarkeitspotenziale nach Anforderungsniveaus 2019, in: WSI GenderDatenPortal.

(2) So auch Burkert, Carola/Grienberger, Katharina/Matthes, Britta (2022): Zweischneidiges Schwert: Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Geschlechterungleichheit am Arbeitsmarkt aus? In: IAB-Forum 13. Juni 2022, S.6f.

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