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WSI GenderDatenPortal: Transformation: Substituierbarkeitspotenziale nach Berufssegmenten 2022

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Von Frauen geleistete berufliche Tätigkeiten sind im Jahr 2022 insgesamt etwas weniger durch Computer oder computergesteuerte Maschinen ersetzbar (d.h. substituierbar) als die von Männern. So könnte zwar die Hälfte der von Frauen insgesamt geleisteten Arbeit (52 Prozent) im Jahr 2022 alternativ durch computergestützte Technologien vollumfänglich ersetzt werden – bei Männern trifft dies jedoch sogar auf 59 Prozent ihrer Tätigkeiten zu (vgl. Grafik 1). (1) Dabei gilt: Die insgesamt rund 9.000 verschiedenen, von Beschäftigten in ihren jeweiligen Berufen zu leistenden Tätigkeiten sind in unterschiedlichem Grad automatisierbar bzw. durch computergestützte Technologie ersetzbar (vgl. methodische Anmerkungen).

Zu den Begriffen: Die potentielle Ersetzbarkeit menschlicher Arbeit durch Computer bzw. durch computergesteuerte Maschinen fasst das sog. Substituierbarkeitspotenzial in einer Prozentzahl zusammen: als Anteil der beruflichen Kerntätigkeiten im ausgeübten Beruf, der schon heute potenziell durch computergestützte Technologie übernommen werden könnte (vgl. Glossar). In den insgesamt vierzehn Berufssegmenten werden jeweils die Berufe zusammengefasst, die sich in den Tätigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten ähnlich sind (vgl. Glossar.)

Der Grad der Substituierbarkeit unterscheidet sich für Frauen und Männer sogar deutlich danach, in welchem Beruf oder in welchem der 14 zusammenfassenden Berufssegmente sie tätig sind (vgl. Glossar). In jedem Beruf bzw. Berufssegment sieht der Mix aus beruflichen Kerntätigkeiten, der dort zu leisten ist, etwas anders aus. Infolgedessen variiert auch das durchschnittliche Substituierbarkeitspotenzial zwischen den Berufssegmenten (vgl. Grafik 1):

  • Am geringsten fällt das durchschnittliche Substituierbarkeitspotenzial für Frauen wie Männer in den sozialen/kulturellen Dienstleistungsberufen aus (Frauen: 13 Prozent, Männer: 16 Prozent),
  • am höchsten für diejenigen, die in einem Fertigungsberuf tätig sind (Frauen: 85 Prozent, Männer: 89 Prozent).

Die Berufssegmente erweisen sich auch als unterschiedlich dynamisch was die Betroffenheit von potenzieller Substituierbarkeit für Frauen und Männer angeht. Insbesondere fünf Berufssegmente erweisen sich aktuell als geschlechterspezifische Treiber für die digitale Transformation der Erwerbsarbeit von Frauen bzw. Männern:

  • Drei Berufssegmente mit hohem Frauenanteil (über 50 Prozent) und aktuell hohem Substituierbarkeitspotenzial für Frauen (größer als 50 Prozent) weisen gleichzeitig eine Geschlechterlücke zu Ungunsten von Frauen auf. Hier sind Frauen stärker von der Substituierbarkeit durch computergestützte Technologie betroffen als Männer. Es sind die Berufssegmente: Unternehmensführung und -organisation, unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe sowie Handelsberufe. Die hier beschäftigten Frauen sind jeweils um 3 Prozentpunkte (Handelsberufe), um 7 Prozentpunkte (Unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe) bzw. um 14 Prozentpunkte (Berufe in Unternehmensführung/-organisation) stärker von einer potenziellen Ersetzbarkeit durch computergestützte Technologie bedroht als Männer.
  • Zwei Berufssegmente mit hohem Männeranteil (über 50 Prozent) und aktuell hohem Substituierbarkeitspotenzial für Männer (größer als 50 Prozent) weisen gleichzeitig eine ausgeprägte Geschlechterlücke zu Ungunsten von Männern auf. Hier sind die Männer stärker von der digitalen Transformation betroffen. Es sind die Berufssegmente: Fertigungsberufe einerseits sowie Land-, Forst- und Gartenbauberufe andererseits. Die hier beschäftigten Männer sind um 4 Prozentpunkte (Fertigungsberufe) bzw. um 9 Prozentpunkte (Land-, Forst- und Gartenbauberufe) stärker von einer potenziellen Ersetzbarkeit durch computergestützte Technologie bedroht als die Frauen.

Der Blick auf zehn ausgewählte Beispiel-Berufe verdeutlicht exemplarisch, wie stark sich das Substituierbarkeitspotenzial zwischen einzelnen Berufen unterscheidet, auf Grund des dort jeweils typischen Tätigkeitsmix (vgl. Grafik 2). Für die Auswahl der hier abgebildeten Beispiel-Berufe wurden, jeweils für Frauen und Männer getrennt, die zehn meistbesetzten Berufssegmente ermittelt und aus diesen dann jeweils ein für das jeweilige Berufssegment charakteristischer Beruf herausgegriffen.

  • Bei den Frauen besteht gerade bei den Kauffrauen für Bürokommunikation bzw. im Einzelhandel ein deutliches Risiko der Ersetzbarkeit durch computergesteuerte Technologie (Substituierbarkeitspotenzial von 80 Prozent der Tätigkeiten), während für Kinderpflegerinnen und Erzieherinnen ein Substituierbarkeitspotenzial von Null festgestellt werden kann. Denn: Verwaltungs- und Sachbearbeitungsaufgaben lassen sich auf der einen Seite so gut wie vollständig automatisieren, die ganz überwiegend erzieherischen, fördernden und kommunikativen Tätigkeiten der Erzieher*innen unterliegen diesem Risiko dagegen fast überhaupt nicht.
  • Ähnlich bei den Männern: Für die Lager- und Transportarbeiter besteht ein sehr hohes Risiko der Ersetzbarkeit durch computergestützte Technologie (Substituierbarkeitspotential von 89 Prozent), für Berufskraftfahrer besteht dieses Risiko – zumindest aktuell – eher in geringem Maße (33 Prozent).

Entwicklungen: Vor allem in Berufen, in denen Frauen überproportional beschäftigt sind, sind in den letzten Jahren Technologien hinzugekommen, die weitere Automatisierungen von Tätigkeiten ermöglichen werden. (2) Da Berufe bzw. Berufssegmente, aber auch computergestützte Technologien sich permanent weiterentwickeln, bleibt es dennoch schwierig zu prognostizieren, welche Effekte die digitale Transformation zukünftig auf die geschlechterspezifische (Un-)Gleichheit auf dem Arbeitsmarkt haben wird. (3)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau

 

Literatur

Burkert, Carola/Grienberger, Katharina/Matthes, Britta/Röhrig, Annette (2024): Digitale und KI-Technologien verändern inzwischen verstärkt auch die Arbeitswelt von Frauen, in: IAB-Forum, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Burkert, Carola/Grienberger, Katharina/Matthes, Britta (2022): Zweischneidiges Schwert: Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Geschlechterungleichheit am Arbeitsmarkt aus? In: IAB-Forum 13. Juni 2022, letzter Zugriff 09.10.2024.

Dengler, Katharina/Matthes, Britta (2021): Auch komplexere Tätigkeiten könnten zunehmend automatisiert werden. IAB-Kurzbericht 13/2021, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Dengler, Katharina/Matthes, Britta (2020): Substituierbarkeitspotenziale von Berufen und die möglichen Folgen für die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt. Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, letzter Zugriff 09.10.2024.

Grienberger, Katharina/Matthes, Britta/Paulus, Wiebke (2024): Vor allem Hochqualifizierte bekommen die Digitalisierung verstärkt zu spüren. IAB-Kurzbericht 5/2024, https://iab.de/presseinfo/vor-allem-hochqualifizierte-bekommen-die-digitalisierung-verstaerkt-zu-spueren/, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) (2024): Beruf – Struktur – Entwicklung. Erläuterungen, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) (o. J.): Beruf – Struktur – Entwicklung, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Substituierbarkeitspotenziale nach Anforderungsniveaus 2013-2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Substituierbarkeitspotenziale von Frauen und Männern 2013-2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024c): Vertikale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2023): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Statistik Bundesagentur für Arbeit (2022): Qualitätsbericht. Statistik der sozialversicherungspflichtigen und geringfügigen Beschäftigung. Version 7.12, Nürnberg, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2015): Methodenbericht. Berufssektoren und Berufssegmente auf Grundlage der KldB 2010, Nürnberg, letzter Zugriff: 09.10.2024.


(1) Vgl. hierzu auch: Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Substituierbarkeitspotenziale von Frauen und Männern 2013-2022. In: WSI GenderDatenPortal sowie Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Substituierbarkeitspotenziale nach Anforderungsniveaus 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

(2) Vgl. Burkert, Carola et al. (2024): Digitale und KI-Technologien verändern inzwischen verstärkt auch die Arbeitswelt von Frauen. In: IAB-Forum.

(3) So auch Burkert, Carola/Grienberger, Katharina/Matthes, Britta (2022): Zweischneidiges Schwert: Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Geschlechterungleichheit am Arbeitsmarkt aus? In: IAB-Forum 13. Juni 2022, S. 6f.

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