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WSI-Mitteilungen

Martinez Lucio, Miguel / Lillie, Nathan : Globalisierung und gewerkschaftliche Solidarität

Ausgabe 09/2003

In den vergangenen Jahren hat sich eine neue Art des Gewerkschaftsinternationalismus entwickelt, die sich sowohl auf formelle als auch auf informelle transnationale Netzwerke gründet. Jedoch findet die Formulierung von Gewerkschaftsinteressen und -politiken weiterhin im Wesentlichen auf nationaler und lokaler Ebene statt. Dies ruft zwischen den an den verschiedenen Produktionsstätten vertretenen Gewerkschaften Konflikte um Arbeitsplätze und Investitionen hervor und erschwert die Herausbildung transnationaler Solidarität. Dieser Beitrag untersucht drei Fälle von transnationaler Netzwerkarbeit zwischen Gewerkschaften: die Tarifrunde 2002 in den US-Westküstenhäfen, die internationale Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften der Luftfahrtindustrie und den Konflikt, der zwischen deutschen und britischen Gewerkschaften im Zusammenhang mit der geplanten Schließung eines BMW-Rover-Werkes in Großbritannien ausbrach. Diese Fälle zeigen auf, dass es eine Reihe von Faktoren gibt, die zu Spannungen in den transnationalen Beziehungen zwischen Gewerkschaften führen. Von besonderer Bedeutung sind dabei Unterschiede zwischen nationalen Systemen der Arbeitsbeziehungen, nationale Interessen und nationaler Identität, die strategische Nutzung von konkurrierenden Beziehungen seitens der Arbeitgeber und sogar seitens der Gewerkschaften sowie die Gestaltung der Globalisierung um konkurrierende, segmentierte Interessen. Wenn jedoch solide intergewerkschaftliche Netzwerke bereits vorhanden sind, die internationale Konkurrenz in Bezug auf Investitionen gering ist und sich die Gewerkschaften weniger auf betriebliche Strukturen, sondern verstärkt auf eine Kooperation auf Branchenebene konzentrieren, sind transnationale Gewerkschaftsbeziehungen meist solidarischer und weniger konkurrierend.

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