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WSI-Mitteilungen 2/2022 WSI-Mitteilungen

Lübker, Malte / Schulten, Thorsten : WSI-Mindestlohnbericht 2022: Aufbruch zu einer neuen Mindestlohnpolitik in Deutschland und Europa

Ausgabe 02/2022

DOI: 10.5771/0342-300X-2022-2-148

Seiten 148-159

Zusammenfassung

Der WSI-Mindestlohnbericht enthält aktuelle Daten über Mindestlöhne aus insgesamt 37 Ländern in Europa und einigen ausgewählten außereuropäischen Staaten. Nach einer eher verhaltenen Mindestlohnentwicklung im Coronajahr 2021 sind die Mindestlöhne Anfang 2022 wieder deutlich stärker gestiegen. Den Hintergrund hierfür bilden zum einen höhere Inflationsraten, von den die Beschäftigten im Niedriglohnsektor im besonderen Maße betroffen sind. Darüber hinaus lässt sich in vielen Ländern ein längerfristiger Trend hin zu einer strukturellen Erhöhung des jeweiligen Mindestlohnniveaus beobachten, um auch im Mindestlohnbereich ein Einkommen zu gewährleisten, das nicht nur das Existenzminimum absichert, sondern auch eine sozio-kulturelle Teilhabe ermöglicht. Mit ihrem Vorschlag für eine Europäische Mindestlohnrichtline hat die Europäische Kommission diesen Trend aufgegriffen und versucht, in der Europäischen Union gemeinsame Kriterien für angemessene Mindestlöhne zu etablieren. Im Mittelpunkt stehen hierbei die im internationalen Rahmen gebräuchlichen Schwellenwerte für die Angemessenheit des Mindestlohns von 60 % des Median- und 50 % des Durchschnittslohns. Die hierzulande noch für 2022 geplante gesetzliche Erhöhung des Mindestlohns auf 12 € würde Deutschland vom bisherigen Nachzügler in der Mindestlohnpolitik zu einem Vorreiter für die Durchsetzung angemessener Mindestlöhne in Europa machen.

Abstract

The WSI Minimum Wage Report contains current data on minimum wages from 37 countries in Europe and a selected number of non-European countries. After a weak development of minimum wages in 2021, which reflected economic uncertainty triggered by the Corona pandemic, minimum wages increased at a faster pace at the beginning of 2022. The acceleration came against a backdrop of higher inflation rates, which particularly affect employees in the low-wage sector. In addition, a longer-term trend towards a structural increase in minimum wage levels can be observed in many countries. The objective is to raise minimum wages to an adequate level that does not only meet subsistence needs, but is commensurate with socio-cultural participation in society. With its proposal for a European minimum wage directive, the European Commission has taken up this trend and attempted to establish a common set of criteria for adequate minimum wages in the European Union. Central to this effort are the threshold values for the adequacy of minimum wages, which are commonly set at 60 per cent of the median wage and 50 per cent of the mean wage. With the planned increase of Germany’s minimum wage to 12 €, the country would move away from its long-held position of a straggler to re-position itself at the vanguard of the list of those countries establishing an ad­equate minimum wage in Europe.

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