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WSI-Mitteilungen 6/2022 WSI-Mitteilungen

Spannagel, Dorothee / Zucco, Aline : WSI-Verteilungsbericht 2022: Armut grenzt aus

Ausgabe 06/2022

DOI: 10.5771/0342-300X-2022-6-465

Seiten 465-473

Zusammenfassung

In Deutschland ist der Anteil der Armen in der letzten Dekade deutlich angestiegen. Einkommensarmut ist – das zeigt der diesjährige WSI-Verteilungsbericht auf Basis der SOEP-Daten eindeutig – weit mehr als nur ein Mangel an finanziellen Ressourcen. Wer in Deutschland arm ist, erwirbt weniger Bildungskompetenzen, hat ein höheres Morbiditätsrisiko oder lebt auf kleinerer Wohnfläche. Diese schlechteren Lebenslagen der armen Bevölkerung gehen auch mit einer geringeren Lebenszufriedenheit einher. Gleichzeitig – so legt es die HBS-Lebenslagenbefragung nahe – lässt sich vor allem in dieser Gruppe nur ein geringes Vertrauen in politische Akteure beobachten. Der Bericht verdeutlicht, dass Armut nicht nur weniger gesellschaftliche Teilhabe für die Betroffenen bedeutet, sondern deren Vertrauen in demokratische Institutionen untergräbt. Gefährdet ist deswegen letztlich auch das demokratische gesellschaftliche System, wenn Bedürfnisse der armen Bevölkerung strukturell vernachlässigt werden. Die Bekämpfung von Einkommensarmut ist somit auch gesamtgesellschaftlich eine dringende Notwendigkeit, wobei es vor allem gilt, Chancengleichheit und volle gesellschaftlich Teilhabe für Arme zu fördern.

Abstract

In Germany, the proportion of the population living in poverty has risen significantly in the past decade. Income poverty – as this year’s report on distribution based on SOEP data clearly shows – is far more than just a lack of financial resources. Those who are poor in Germany, for example, also acquire fewer educational skills, have a higher risk of morbidity, or live in smaller living spaces. These inferior living conditions of the poor population are also accompanied by lower levels of life satisfaction. At the same time – as the HBS living situation survey suggests – a low level of trust in political actors can be particularly observed in this group. The report makes clear that poverty not only means less social participation for those affected, but if the needs of the poor population are structurally neglected, it also undermines trust in the democratic institutions and consequently poses a threat to the democratic social system. Fighting income poverty is, thus, also an urgent necessity for society as a whole, with the primary aim of promoting equal opportunities and full social participation for the poor.

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