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WSI GenderDatenPortal: Zeit: Wochenarbeitszeiten und Gender Time Gap 1991-2021

Daten zum Download (xlsx)

Grafiken, Analysen, Tabellen (pdf)

 

Frauen haben im Jahr 2021 immer noch deutlich kürzere Wochenarbeitszeiten als Männer. Während erwerbstätige Männer im Durchschnitt gut 38 Stunden in der Woche arbeiten, liegt die normalerweise geleistete Wochenarbeitszeit von Frauen durchschnittlich bei knapp 31 Stunden. Der Gender Time Gap beträgt aktuell 7,7 Stunden (vgl. Grafik 1).

Innerhalb des Beobachtungszeitraums von 1991 bis 2021 sind die durchschnittlich geleisteten Arbeitszeiten der Erwerbstätigen in Deutschland sowohl bei Frauen als auch bei Männern deutlich zurückgegangen:

  • Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der Männer hat zwischen 1991 und 2021 um 2,8 Stunden abgenommen. Im Jahr 1991 arbeiteten Männer im Durchschnitt 41,2 Stunden pro Woche, 2021 sind es noch 38,4 Stunden. Dies entspricht einer Verkürzung um fast 7 Prozent.
  • Bei den Frauen hat sich die durchschnittliche Arbeitszeit im gleichen Zeitraum sogar um 3,7 Stunden verkürzt. Dies entspricht einem Rückgang um 11 Prozent. Im Jahr 1991 arbeiteten erwerbstätige Frauen im Durchschnitt 34,4 Stunden, bis 2005 sank dieser Wert auf 30,3 Stunden und ist seither weitgehend konstant auf diesem Niveau geblieben (2021: 30,7 Wochenstunden).

Infolge des unterschiedlich starken Rückgangs der durchschnittlichen Arbeitszeiten bei Frauen und Männern hat sich der Gender Time Gap zwischen 1991 und 2005 deutlich vergrößert: von 6,8 Stunden (1991) auf 9,9 Stunden (2005). Zwischen 2006 und 2016 hat sich der geschlechterbezogene Abstand wieder etwas verringert (2016: 8,0 Stunden) und liegt seit 2016 weiterhin bei etwa 8 Stunden (vgl. Tab. 1).

Frauen und Männer unterscheiden sich nicht nur bei der durchschnittlichen Arbeitszeitdauer, sondern in noch viel stärkerem Maße bei der Verteilung auf verschiedene Arbeitszeitgruppen: Hier zeigt sich, dass die Verteilung der Arbeitszeiten von Frauen sehr viel heterogener ist als jene von Männern. (1) (2)

Diese Entwicklung vollzog sich in West- und Ostdeutschland auf ähnliche Weise, jedoch auf unterschiedlichem Niveau (vgl. Grafiken 2 und 3):

  • Im Jahr 2021 ist der Gender Time Gap in Ostdeutschland nur etwa halb so groß wie der in Westdeutschland (4,6 Stunden gegenüber 8,4 Stunden).
  • In Westdeutschland hat sich der Gender Time Gap von 7,9 Stunden im Jahr 1991 zunächst auf 11,0 Stunden im Jahr 2005 vergrößert und ging bis 2021 auf 8,4 Stunden zurück. Damit ist der Gender Time Gap in Westdeutschland im Jahr 2021 um 6 Prozent größer als im Ausgangsjahr 1991.
  • Auch in Ostdeutschland ist der Gender Time Gap zwischen 1991 (3,1 Stunden) und 2005 (5,5 Stunden) zunächst deutlich angestiegen, fiel aber in den letzten Jahren deutlich geringer aus (2021: 4,6 Stunden). Damit fällt der Gender Time Gap in Ostdeutschland im Jahr 2021 um 48 Prozent größer aus als im Ausgangsjahr 1991.
  • Innerhalb des Beobachtungszeitraums fiel der Rückgang der durchschnittlichen Arbeitszeiten bei den erwerbstätigen Frauen in Ostdeutschland am größten aus. Dennoch arbeiten Frauen in Ostdeutschland auch im Jahr 2021 mit durchschnittlich 33,9 Stunden immer noch deutlich länger als Frauen in Westdeutschland (30,0 Stunden). Die Entwicklung der Arbeitszeiten von Männern in West- und Ostdeutschland ist dagegen deutlich ähnlicher.

Hintergründe: Analysen im Zeitvergleich belegen, dass sich das Absinken der durchschnittlichen Arbeitszeit von Frauen vor allem in der starken Zunahme an Teilzeitarbeit begründet ist. Seit Mitte der 1990er Jahre sind zwar immer mehr Frauen in Deutschland erwerbstätig, die Erwerbstätigenquote der Frauen ist seitdem um 15 Prozentpunkte angestiegen (vgl. Grafik 1), dieser Anstieg erfolgte jedoch größtenteils in Form von Teilzeitarbeit. (3) (4) Bei den Männern hat nicht nur der Anteil an Teilzeitbeschäftigten zugenommen, sondern auch der Anteil an Vollzeitbeschäftigten mit langen und sehr langen Arbeitszeiten. (5) Folglich fällt der Rückgang der durchschnittlichen Arbeitszeiten bei Männern über den gesamten Beobachtungszeitraum von 1991 bis 2021 insgesamt etwas geringer aus als bei Frauen.

Obwohl die Nachteile längerer Teilzeitphasen für den weiteren Erwerbs- und Lebensverlauf von Frauen gut belegt sind, rückt der Gender Time Gap als Indikator für ein gleichstellungspolitisches Problem erst seit wenigen Jahren verstärkt in den Fokus. (6) Das ist einigermaßen überraschend, denn Arbeitszeiten sind „[…] entscheidend für die Möglichkeit, die eigene Existenz zu sichern sowie bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und im Alter ausreichende Ansprüche auf Leistungen der sozialen Sicherungssysteme zu haben. Daher sind Arbeitszeiten bedeutsam für die Gleichstellung der Geschlechter.“ (7)

Aktuelle Analysen zu den Auswirkungen der Corona Pandemie weisen darauf hin, dass Frauen stärker von Arbeitszeitreduktionen betroffen waren als Männer: Während der  pandemiebedingten Einschränkungen ab März 2020 (und den verringerten institutionellen Betreuungsangeboten in den Jahren 2020 bis 2022), waren es vermehrt die Frauen, die (zusätzliche) häusliche Sorge- und Kinderbetreuungsaufgaben aufgefangen und/oder das Homeschooling der Kinder betreut haben. In Folge dessen kam es bei ihnen etwas häufiger und in größerem Umfang zu Reduzierungen der Arbeitszeit als bei den Männern. (8)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

 

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau

 

Literatur

Absenger, Nadine/Ahlers, Elke/Bispinck, Reinhard/Kleinknecht, Alfred/Klenner, Christina/Lott, Yvonne/Pusch, Toralf/Seifert, Hartmut (2014): Arbeitszeiten in Deutschland. Entwicklungstendenzen und Herausforderungen für eine moderne Arbeitszeitpolitik, WSI Report Nr. 19, letzter Zugriff: 25.01.2022.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Erwerbstätigenquoten und Erwerbsquoten 1991–2021. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991–2021. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2022): Abhängig beschäftigte Männer nach Arbeitszeitgruppen 1991–2020. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2022): Abhängig beschäftigte Frauen nach Arbeitszeitgruppen 1991–2020. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Rauschnick, Laura (2016): Arbeitszeit. Quantitative Ergebnisse für Deutschland. Expertise für die Kommission „Zukunft der Arbeit“, letzter Zugriff: 25.01.2022.

Kohlrausch, Bettina/Zucco, Aline (2020): Die Corona-Krise trifft Frauen doppelt. Weniger Erwerbseinkommen und mehr Sorgearbeit, WSI Policy Brief Nr. 40, letzter Zugriff: 25.01.2022.

Lott, Yvonne/Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2022): Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland WSI Report Nr. 72, letzter Zugriff: 27.03.2023

Statistisches Bundesamt (2022): Mikrozensus. Qualitätsbericht 2021, letzter Zugriff: 27.03.2023.

Statistisches Bundesamt (2022): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung. Ergebnisse des Mikrozensus zum Arbeitsmarkt (Endgültige Ergebnisse) 2020, Fachserie 1 Reihe 4.1, letzter Zugriff: 27.03.2023.

Statistisches Bundesamt (2020): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung. Ergebnisse des Mikrozensus zum Arbeitsmarkt 2019, Fachserie 1 Reihe 4.1, letzter Zugriff: 27.03.2023.

Statistisches Bundesamt (2015): Mikrozensus. Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Stand und Entwicklung der Erwerbstätigkeit in Deutschland 2014. Fachserie 1 Reihe 4.1.1, letzter Zugriff: 25.01.2022.

Statistisches Bundesamt (2012): Methodeninformation. Mikrozensus und Arbeitskräfteerhebung: Ergebnisse zur Erwerbstätigkeit ab dem Jahr 2011, https://www.destatis.de/GPStatistik/servlets/MCRFileNodeServlet/DEHeft_derivate_00031125/MethodenArbeitskraefterhebung.pdf, letzter Zugriff: 25.01.2022.

WSI in der Hans Böckler Stiftung (2022): Corona: Weniger Erwerbstätige fürchten um Job, aber hohes Belastungsgefühl, nur noch 31% zufrieden mit Krisenmanagement, S. 6f. (Pressemitteilung vom 16.02.2022), letzter Zugriff 27.03.2023.

Zucco, Aline/Lott, Yvonne (2021): Stand der Gleichstellung. Ein Jahr mit Corona. WSI Report Nr. 64, letzter Zugriff: 27.03.2023

 

 


(1) Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2022): Abhängig beschäftigte Frauen nach Arbeitszeitgruppen 1991–2020.

(2) Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2022): Abhängig beschäftigte Männer nach Arbeitszeitgruppen 1991–2020.

(3) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen(2023): Erwerbstätigenquoten und Erwerbsquoten 1991–2021.

(4) Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991–2021. Siehe dazu auch: Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Rauschnick, Laura (2016): Arbeitszeit. Quantitative Ergebnisse für Deutschland. Expertise für die Kommission „Zukunft der Arbeit“, S. 33ff.

(5) Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2022): Abhängig beschäftigte Männer nach Arbeitszeitgruppen 1991–2020.

(6) Zuletzt Lott, Yvonne et al. (2022): Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland sowie Zucco, Aline/Lott, Yvonne (2021): Stand der Gleichstellung. Ein Jahr mit Corona.

(7) Absenger, Nadine et al. (2014): Arbeitszeiten in Deutschland. Entwicklungstendenzen und Herausforderungen für eine moderne Arbeitszeitpolitik, S. 45.

(8) Vgl. WSI in der Hans Böckler Stiftung (2022): Corona: Weniger Erwerbstätige fürchten um Job, aber hohes Belastungsgefühl, nur noch 31% zufrieden mit Krisenmanagement, S. 6f. (Pressemitteilung vom 16.02.2022) sowie Kohlrausch, Bettina/Zucco, Aline (2020): Die Corona-Krise trifft Frauen doppelt. Weniger Erwerbseinkommen und mehr Sorgearbeit, S. 8f.

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