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WSI GenderDatenPortal: Bildung: Frauen und Männer in den 25 häufigsten Ausbildungsberufen 2020

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Grafiken, Analysen, Tabellen (pdf)

Frauen und Männer nehmen im Jahr 2020 Ausbildungen in unterschiedlichen Berufen auf. Junge Frauen absolvieren in Deutschland nicht nur seltener eine berufliche Ausbildung im dualen System (1), sondern konzentrieren sich dabei noch stärker als Männer auf eine begrenzte Anzahl an Ausbildungsberufen: Auf die 25 häufigsten Ausbildungsberufe, in denen 2020 eine Ausbildung begonnen wurde, entfallen zwei Drittel (67 Prozent) aller von Frauen abgeschlossenen Ausbildungsverträge, aber nur 59 Prozent aller von Männern abgeschlossenen Verträge (Tab. 1).

Der Vergleich der 25 häufigsten Ausbildungsberufe in Deutschland belegt eindrücklich, dass die meisten dieser Berufe (17 von 25) entweder überwiegend von Frauen oder überwiegend von Männern ergriffen werden (Grafik 1):

  • Die Hälfte der Ausbildungsberufe ist (stark) von Männern dominiert, der Frauenanteil liegt hier jeweils unter 30 Prozent (nämlich zwischen 2 Prozent und 22 Prozent). Bei diesen Berufen handelt es sich überwiegend um technische oder mechanische Berufe in Industrie und Handwerk. Besonders in den Berufsbereichen Mechatronik, Elektronik, Industrie- und Anlagenmechanik sowie Fachinformatik bleiben Männer fast ausschließlich unter sich. Besonders häufig betrifft dies Berufe, in denen zugleich auch jeweils besonders viele Männer eine Ausbildung beginnen (d.h. Berufe mit über 10.000 männlichen Azubi-Neuzugängen pro Jahr): Unter den Kraftfahrzeugmechatroniker*innen, Fachinformatiker*innen, Elektroniker*innen sowie Anlagen- sowie Industriemechaniker*innen liegt der Frauenanteil gerade einmal zwischen zwei Prozent und acht Prozent.
  • Nur in 4 Ausbildungsberufen stellen hingegen Frauen die deutliche Mehrheit bei den Azubi-Neuzugängen, mit einem Frauenanteil von mindestens 70 Prozent. Bei diesen Berufen handelt es sich um kaufmännische Berufe oder Verwaltungsberufe, sowie Berufe im Bereich der medizinischen Versorgung. Im medizinischen Bereich werden Berufsausbildungen sogar fast ausschließlich von Frauen ergriffen: 97 Prozent der neuen Auszubildenden zu medizinischen und zahnmedizinischen Fachangestellten sind Frauen.
  • Lediglich 8 der 25 häufigsten Ausbildungsberufe in Deutschland können mit einem mittleren Frauenanteil zwischen 30 Prozent und 70 Prozent als geschlechtsunspezifisch gelten. Zu den geschlechtsunspezifischen Berufen, in denen die geschlechterbezogenen Anteile eher ausgeglichen sind, zählen vor allem kaufmännische Berufe, wie etwa Verkäufer*innen, Kaufleute im Einzelhandel, Industrie- sowie Bankkaufleute. Lediglich bei den Kaufleuten im Groß- und Außenhandel sind die männlichen Auszubildenden im Vergleich doch noch merklich stärker vertreten (Frauenanteil von 39 Prozent). Ebenfalls geschlechtsunspezifisch – wenn auch mit mehr weiblichen Auszubildenden – erweisen sich die insgesamt etwas seltener nachgefragten Ausbildungen zum/zur Friseur*in, Steuerfachangestellten sowie Hotelfachmann*frau (Frauenanteil von 65 bis 69 Prozent).

Hintergrund: Für die jüngere Generation der Ausbildungsanfänger*innen ist damit eine starke und andauernde geschlechterbezogene Segregation entlang der beruflichen Tätigkeitsbereiche festzustellen. (2) Es gelingt bisher in Deutschland noch nicht hinreichend, jungen Frauen und Männern im Rahmen der schulischen Berufsorientierung bzw. der nachgelagerten Beratungsprozesse eine ganzheitliche, nachhaltige und klischeefreie Ausbildungsentscheidung zu ermöglichen, frei von Rollenzuschreibungen, welche auch die jeweiligen Verdienstperspektiven und Aufstiegsmöglichkeiten im weiteren Lebensverlauf mit in den Blick nimmt. Zudem mangelt es einerseits am Engagement von Unternehmen, junge Frauen stärker für technische Berufe zu gewinnen, andererseits aber auch an der Art und Weise wie technische Kompetenzen in Schulen vermittelt werden: Anwendungsmöglichkeiten und soziale Kontexte kommen hier zu kurz, genauso wie gesellschaftliche Folgen von Technik – so dass junge Frauen sich nicht ausreichend angesprochen fühlen. (3) Daneben wirken sich aber auch die – tatsächlichen oder vermuteten – Arbeits- und Vereinbarkeitsbedingungen in einzelnen Berufen (z. B. die dort übliche Arbeitszeitdauer und -lage, Teilzeitangebote oder die Verdienstmöglichkeiten) auf die beruflichen Entscheidungen von jungen Frauen und Männern aus. Gerade junge Frauen stehen bereits vor der Berufswahl in noch stärkerem Maße als junge Männer vor der (gedanklichen) Herausforderung, mit ihren beruflichen Entscheidungen eine Vereinbarkeit von Familie, Care-Arbeit und Beruf abzusichern. Umso wichtiger ist es, Jugendliche bzw. junge Frauen und Männer über die Mechanismen der Vergeschlechtlichung von Berufen aufzuklären. (4) Es muss aber davon ausgegangen werden, dass keine schnellen Veränderungen möglich sein werden. So zeigen vorliegende Längsschnittuntersuchungen über vier Jahrzehnte, dass die horizontale Segregation des deutschen Arbeitsmarktes entlang von Berufsfeldern ein auffallend starkes Beharrungsvermögen aufweist. (5)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

Bearbeitung: Dietmar Hobler, Svenja Pfahl, Eugen Unrau

 

Literatur

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2020): Berufsbildungsbericht 2020, Bonn, letzter Zugriff: 24.08.2022.

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2018): Berufsbildungsbericht 2018, Bonn, letzter Zugriff: 24.08.2022.

Faulstich-Wieland, Hannelore / Scholand, Barbara (2017): Gendersensible Berufsorientierung – Informationen und Anregungen. Eine Handreichung für Lehrkräfte, Weiterbildner/innen und Berufsberater/innen, Hans-Böckler-Stiftung, Working-Paper Forschungsförderung Nr. 34/2017, letzter Zugriff: 24.08.2022.

Hans-Böckler-Stiftung (2015): Zweigeteilte Arbeitswelt. In: Böckler Impuls Nr. 20/2015, S. 3, letzter Zugriff: 24.08.2022.

Hausmann, Ann-Kathrin / Kleinert, Corinna (2014): Berufliche Segregation auf dem Arbeitsmarkt: Männer- und Frauendomänen kaum verändert, IAB-Kurzbericht 9/2014, letzter Zugriff: 24.08.2022.

Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Horvath, Sandra (2017): Absolvent/innen einer beruflichen Ausbildung nach Ausbildungsform 2015. In: WSI GenderDatenPortal.

Statistisches Bundesamt (2021): Bildung und Kultur. Berufliche Bildung 2020. Fachserie 11 Reihe 3, Excel, Tabellenblatt: Erläuterungen, letzter Zugriff: 24.08.2022.

Uhly, Alexandra (2021): Erläuterungen zum Datensystem Auszubildende (DAZUBI). Auszubildenden-Daten, Berufsmerkmale, Berechnungen des BIBB. Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12), Berichtsjahr: 2020, letzter Zugriff: 24.08.2022.

Weusthoff, Anja (2018): Wie können Ausbildung und Qualifizierung im Zuge der Digitalisierung die Geschlechtersegregation am Arbeitsmarkt aufbrechen? In: Ahlers, Elke et al. (2018): Genderaspekte der Digitalisierung der Arbeitswelt, Arbeitspapier Nr. 311/2018 der Hans-Böckler-Stiftung, S. 40-44. letzter Zugriff 24.08.2022.

 


(1) 36 Prozent (Frauen) gegenüber 64 Prozent (Männer). 5 Jahre zuvor waren die Geschlechterunterschiede bereits sichtbar, seitdem sind sie weiter gestiegen. Vgl. Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Horvath, Sandra (2017): Absolvent/innen einer beruflichen Ausbildung nach Ausbildungsform 2015.

(2) „Innerhalb der dualen Berufsausbildung ist das unterschiedliche Berufswahlspektrum von jungen Frauen und Männern eine wesentliche Ursache für die geringere Wahrscheinlichkeit von jungen Frauen, in eine betriebliche Ausbildung einzumünden. (…) Während die Berufswünsche junger Frauen im dualen System vor allem auf Dienstleistungs- und kaufmännische Berufe zielen, streben junge Männer häufig eine Ausbildung in gewerblich-technischen Berufen an“ (BMBF 2018: Berufsbildungsbericht 2018, S. 43). Dies bedeutet: Junge Männer erfahren in den gewerblich-technischen Berufen kaum Konkurrenz durch junge Frauen. In den Dienstleistungs- und kaufmännischen Berufen konkurrieren junge Frauen jedoch mit jungen Männern um die Ausbildungsplätze (vgl. auch BMBF Berufsbildungsbericht 2020, S. 43).

(3) Vgl. Weusthoff, Anja (2018): Wie können Ausbildung und Qualifizierung im Zuge der Digitalisierung die Geschlechtersegregation am Arbeitsmarkt aufbrechen?, S. 41 ff.

(4) Vgl. Faulstich-Wieland, Hannelore / Scholand, Barbara (2017): Gendersensible Berufsorientierung – Informationen und Anregungen. Eine Handreichung für Lehrkräfte, Weiterbildner/innen und Berufsberater/innen, S. 24 ff.

(5) Hausmann und Kleinert belegen in ihrer Längsschnittstudie, dass sich das starke Ausmaß der geschlechtsspezifischen horizontalen Segregation in Westdeutschland zwischen 1976 und 2010 kaum verringert hat (vgl. Hausmann / Kleinert 2014, S. 4).

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