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WSI GenderDatenPortal: Erwerbsarbeit: Selbstständige Frauen und Männer, mit und ohne Beschäftigte, 1991-2023

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Frauen sind in Deutschland im Jahr 2023 seltener selbstständig als Männer. Dies gilt sowohl für die Gruppe der Solo-Selbstständigen als auch für Selbstständige mit Beschäftigten (Grafik 1).

Die Anzahl der Selbstständigen in Deutschland ist innerhalb des Beobachtungszeitraums 1991 bis 2023 von 2,9 Millionen auf rund 3,1 Millionen angestiegen (vgl. Tab. 1), vor allem bedingt durch einen schnellen Zuwachs bis Mitte der 2010er Jahre. Insgesamt geht der Anstieg an Selbständigen innerhalb des Beobachtungszeitraums ausschließlich auf einen Nettozuwachs bei den Frauen zurück (ein Plus von mehr als 300.000 Personen):

  • Bei den Frauen hat sich die Anzahl der Selbstständigen zwischen 1991 und 2011 fast verdoppelt (von anfangs 743.000 auf rund 1,3 Millionen), danach sank die Zahl jedoch wieder leicht ab. Im Jahr 2023 sind noch rund 1,1 Millionen Frauen in Deutschland selbstständig.
  • Bei den Männern stieg die Zahl der Selbstständigen zwischen 1991 und 2011 von 2,2 Millionen auf 2,7 Millionen schnell an. In den Jahren danach kam es jedoch gerade bei Männern zu einem deutlichen Rückgang. Die Zahl der selbständig tätigen Männer liegt im Jahr 2023 sogar um rund 150.000 Personen niedriger als im Ausgangsjahr 1991.

Die Ergebnisse der Jahre vor und nach 2020 sind allerdings infolge methodischer und konzeptioneller Veränderungen des Mikrozensus nur eingeschränkt vergleichbar (siehe methodische Anmerkungen).

Für die Bewertung von Selbstständigkeit ist die strukturelle Unterscheidung zwischen Solo-Selbstständigkeit (allein tätige Selbständige, ohne eigene Beschäftigte), und der Selbstständigkeit mit Beschäftigten wichtig. Insgesamt ist die Zunahme der Selbstständigkeit in Deutschland zwischen 1991 und 2023 stark mit dem Anstieg an Solo-Selbstständigkeit verbunden (vgl. Tab. 2). (1) Bis 2011 hat sich die Anzahl der Solo-Selbstständigen innerhalb von zwei Jahrzehnten annähernd verdoppelt – was im Wesentlichen auf die Entwicklung bei den Frauen zurückzuführen ist (vgl. Grafik 1):

  • Solo-Selbständige: Die Zahl der solo-selbstständigen Frauen fällt über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg höher aus, als die Zahl der Frauen, die als Selbstständige auch abhängige Mitarbeiter*innen beschäftigten. Die Zahl der solo-selbständigen Frauen hat innerhalb des Beobachtungszeitraums um mehr als 250.000 zugenommen. Bei den Männern waren dagegen bis 2004, und erneut wieder seit 2015, Selbstständige mit eigenen Beschäftigten in der Mehrheit. Nur in den neun Jahren dazwischen dominierten die Solo-Selbstständigen. (2) Die Anzahl solo-selbständiger Männer entspricht 2023 in etwa der von 1991.
  • Selbständige mit Beschäftigten: Die Zahl der Frauen, die als Selbständige mit Beschäftigten erwerbstätig sind, hat sich innerhalb des Beobachtungszeitraums leicht erhöht. Zeitgleich ist die Zahl der vergleichbaren Männer jedoch um mehr als 150.000 zurückgegangen (vgl. Tab. 2).

Mit Beginn der Corona-Pandemie erlitt die Selbstständigkeit einen deutlichen Einbruch: Im Jahr 2020 gab es fast 400.000 weniger Selbstständige als noch 2019 (vgl. Tab. 1). Hintergrund hierfür: Im Jahr 2020 wechselten doppelt so viele vormals Selbstständige in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als im Vorjahr. (3) Während die Zahl der Selbstständigen mit Beschäftigten in 2021 (sowohl bei Frauen als auch Männern) wieder anstieg und fast das Vor-Corona-Niveau erreichte, blieb die Anzahl an Solo-Selbstständigen auch im Jahr 2021 noch rückläufig: insgesamt gab es 2021 rund 100.000 weniger Solo-Selbstständige als 2020 (vgl. Tab. 2). Seit 2021 zeigen sich nur noch leichte Veränderungen bei der Solo-Selbstständigkeit: Ein leichter Zuwachs bei den Frauen, ein leichter Rückgang bei den Männern. Allerdings kann aufgrund der zeitgleich durchgeführten methodischen Umstellungen der Mikrozensus-Erhebung (und zugleich der EU-Arbeitskräfteerhebung) nicht genau festgestellt werden, ob die Entwicklung der Daten ab 2020 ursächlich stärker durch die Pandemie(maßnahmen) beeinflusst wurde und/oder ob sie (zu einem beträchtlichen Teil) auch durch die methodischen Umstellungen erklärbar ist.

Der Frauenanteil an allen Selbstständigen ist zwischen 1991 und 2023 um knapp 10 Prozentpunkte angestiegen (von 26 Prozent auf 35 Prozent) (vgl. Grafik 2). Für die Teilgruppe der Solo-Selbstständigen fällt der Anstieg des Frauenanteils um 12 Prozentpunkte sogar noch größer aus. In der Teilgruppe der Selbstständigen mit Beschäftigten stieg der Frauenanteil dagegen – von einem niedrigeren Ausgangsniveau kommend – langsamer an.

Es zeigen sich einige regionale Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland (vgl. Grafik 3):

  • Insgesamt ist die Solo-Selbstständigkeit in Ostdeutschland für beide Geschlechter die häufigere Form der Selbstständigkeit, genauso wie für Frauen in Westdeutschland. Nur die Männer in Westdeutschland sind mehrheitlich als Selbständige mit eigenen Beschäftigten tätig.
  • In Westdeutschland fällt der Frauenanteil unter den Solo-Selbständigen um 4 Prozentpunkte höher aus (43 Prozent) als in Ostdeutschland (39 Prozent). Andersherum fällt in Ostdeutschland (29 Prozent) der Frauenanteil unter Selbstständigen mit eigenen Beschäftigten um 3 Prozentpunkte höher aus als in Westdeutschland (26 Prozent).

Die Bewertung von Selbstständigkeit muss je nach Geschlecht unterschiedlich ausfallen, da für Frauen und Männer bedeutende Ungleichheiten in den Rahmenbedingungen und Folgen einer selbständigen Tätigkeit bestehen:

  • Die Einkommen selbstständiger Frauen liegen durchschnittlich etwa 44 Prozent unter den Einkommen selbstständiger Männer. (4) Insbesondere in der Solo-Selbstständigkeit sind Frauen häufiger als Männer dem Niedrigeinkommenssektor zuzuordnen. (5)
  • Knapp die Hälfte der solo-selbstständigen Frauen übt die Selbstständigkeit im Zu- oder Nebenerwerb aus, während dies nur für ein Fünftel der solo-selbstständigen Männer gilt. (6) Gut die Hälfte der Frauen, die im Zu- oder Nebenerwerb selbstständig tätig sind, hat Kinder. Unter selbstständig tätigen Männern im Zu- oder Nebenerwerb gilt dies jedoch nur für ein Viertel. (7)
  • Frauen machen sich vermehrt im Bereich der körpernahen Dienstleistungen, im Gesundheits- und Sozialwesen sowie in Erziehung und Bildung selbstständig, Männer hingegen häufiger im Baugewerbe, im Land-/Forstwirtschaftsbereich oder in den Bereichen Verkehr und Logistik. (8)
  • Bei den Bildungsabschlüssen zeigt sich, dass selbstständige Frauen häufiger über höhere Bildungsabschlüsse (vor allem akademische Abschlüsse) verfügen als selbstständige Männer. (9)

Grundsätzlich ist Selbstständigkeit insofern als problematisch zu bewerten, dass ausschließlich selbständige Frauen und Männer nicht verpflichtend in die gesetzliche Altersvorsorge eingebunden sind. (10) Für Frauen ergeben sich aus den genannten strukturellen Unterschieden damit besondere Einkommensunsicherheiten. Hinzu kommen gesetzliche und sozialversicherungsrechtliche Nachteile für selbstständig tätige Frauen rund um die Schwangerschaft (Mutterschutzgesetz, Mutterschutzleistungen). (11) Neueste Zahlen zeigen: Die Mehrheit der Frauen, die während der Selbstständigkeit Mütter geworden sind, haben nach der Geburt Probleme, Arbeit und Kind zu vereinbaren. Viele mussten den Betrieb deshalb sogar für eine Weile schließen oder Aufträge ablehnen. (12)

Weitere Nachteile für selbstständige Frauen: Sie haben während der ersten Monate der Pandemie deutlich häufiger als selbstständige Männer Einkommensverluste erlitten. (13) Eine Erklärung dafür ist, dass die Bereiche, in denen sich Frauen überdurchschnittlich oft selbstständig machen (z.B. personenbezogene Dienstleistungen und Handel), weniger krisenfest sind bzw. häufiger von pandemiebedingten Schließungen oder Kontaktbeschränkungen betroffen waren. (14) Infolgedessen bestand für vor der Pandemie selbstständige Frauen im zweiten „Pandemie-Jahr“ 2021 eine deutlich niedrigere Wahrscheinlichkeit (68 Prozent) als für Männer (80 Prozent), dass sie ihre Selbstständigkeit weiter fortsetzen konnten. (15)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

 

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau

Literatur

Biermann, Ingrid (2017): Mutterschutz für selbstständige Frauen. In: Gather, Claudia/Schürmann, Lena/Trenkmann, Jeannette (Hg.): (Solo)-Selbstständigkeit als gleichstellungspolitische Herausforderung. Expertise im Rahmen des Zweiten Gleichstellungsberichts der Bundesregierung, S. 88-92, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Bliemeister, Patricia (2017): Zum Stand beruflicher Selbstständigkeit aus Gleichstellungsperspektive. In: Gather, Claudia/Schürmann, Lena/Trenkmann, Jeannette (Hg.): (Solo)-Selbstständigkeit als gleichstellungspolitische Herausforderung. Expertise im Rahmen des Zweiten Gleichstellungsberichts der Bundesregierung, S. 13-26, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Brenke, Karl (2015): Selbstständige Beschäftigung geht zurück. In: DIW-Wochenbericht 36/2015, S. 790-796, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Bundesweite Gründerinnenagentur (2015): Gründerinnen und Unternehmerinnen in Deutschland – Daten und Fakten IV, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) (2023): Mutterschutz für schwangere Selbständige, Policy Paper 23-01. Berlin, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Europäische Kommission (2021): EU Labor Force Survey. Explanatory notes (to be applied from 2021Q1 onwards). Luxemburg, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Eurostat (o. D.): Arbeitskräfteerhebung der Europäischen Union (AKE): Beschreibung des Datenbestandes, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Fritsch, Michael/Kritikos, Alexander/Pijnenburg, Katharina (2013): Unternehmungsgründungen nehmen zu, wenn die Konjunktur abflaut. In: DIW-Wochenbericht 12/2013, S. 3-8, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Institut für Demoskopie Allensbach (2024): Mutterschutz für Selbstständige. Repräsentative Befragung selbständig tätiger Frauen und Männer im Auftrag des BMFSFJ, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Krause-Pilatus, Annabelle/Rinne, Ulf (2024): Selbstständige Erwerbstätigkeit in Deutschland (Aktualisierung 2024). Expertise, IZA Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit, hrsg. vom BMAS, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Kritikos, Alexander/Graeber, Daniel/Seebauer, Johannes (2021): Corona-Pandemie drängt Selbstständige vermehrt zur Geschäftsaufgabe – Frauen stärker betroffen. DIW Aktuell Nr. 69, letzter Zugriff 21.01.2025.

Schulze Buschoff, Karin/Emmler, Helge (2021): Selbstständige in der Corona-Krise. Ergebnisse aus der HBS-Erwerbspersonenbefragung, Wellen 1 bis 5. WSI Policy Brief Nr. 60, 9/2021, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Seebauer, Johannes/Kritikos, Alexander/Graeber, Daniel (2021): Warum vor allem weibliche Selbstständige Verliererinnen der Covid-19-Krise sind. In: DIW-Wochenbericht 15/2021, S. 261-269, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Statistisches Bundesamt (2024): Mikrozensus. Qualitätsbericht 2023, 21.01.2025.

Statistisches Bundesamt (2022): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung, Ergebnisse des Mikrozensus zum Arbeitsmarkt 2020 (Endgültige Ergebnisse), Fachserie 1 Reihe 4.1, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Statistisches Bundesamt (2020): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung. Ergebnisse des Mikrozensus zum Arbeitsmarkt 2019, Fachserie 1 Reihe 4.1, letzter Zugriff: 21.01.2025.

 


(1) Der starke Zuwachs an Solo-Selbstständigkeit in den 1990er und 2000er Jahren hat mehrere Ursachen: Allgemein machen sich in Phasen konjunkturellen Abschwungs Arbeitskräfte – mangels besserer Erwerbsalternativen – vermehrt selbstständig (vgl. Fritsch, Michael et al. (2013), S. 7). Zudem wurde mit den Hartz-Reformen die Existenzgründung von Arbeitslosen stark gefördert (vgl. Brenke, Karl (2015), S. 791) und die Handwerksordnung dahingehend geändert, dass neue Betriebe nun auch von Personen ohne Meisterbrief gegründet werden konnten. Die Ausweitung der Solo-Selbstständigkeit steht darüber hinaus in Zusammenhang mit dem Strukturwandel hin zu einer wissensbasierten Dienstleistungsgesellschaft. Durch die Entwicklung moderner Kommunikationstechnologien können Solo-Selbständige inzwischen vielfältige Dienstleistungen anbieten.

(2) Vgl. Tab. 2 (aber: aus Platzgründen werden die Ergebnisse der Zeitreihe nur in 2-Jahresschritten angegeben). Die Anzahl der solo-selbstständigen Männer (1,29 Millionen) fiel das letzte Mal im Jahr 2014 größer aus als die der selbstständigen Männer mit Beschäftigten (1,27 Millionen). Seit dem Jahr 2015 fällt letztere Gruppe größer aus.

(3) Vgl. Kritikos, Alexander/Graeber, Daniel/Seebauer, Johannes 2021: Corona-Pandemie drängt Selbstständige vermehrt zur Geschäftsaufgabe – Frauen stärker betroffen, S. 3.

(4) Vgl. Bliemeister, Patricia (2017): Zum Stand beruflicher Selbstständigkeit aus Gleichstellungsperspektive, S. 20.

(5) Vgl. Krause-Pilatus, Annabelle/Rinne, Ulf (2024): Selbstständige Erwerbstätigkeit in Deutschland (Aktualisierung 2024), S. 54.

(6) Vgl. Bliemeister, Patricia (2017): Zum Stand beruflicher Selbstständigkeit aus Gleichstellungsperspektive, S. 15.

(7) Vgl. a. a. O., S. 19.

(8) Vgl. Krause-Pilatus, Annabelle/Rinne, Ulf (2024): Selbstständige Erwerbstätigkeit in Deutschland (Aktualisierung 2024), S. 32.

(9) Vgl. Bundesweite Gründerinnenagentur (2015): Gründerinnen und Unternehmerinnen in Deutschland, S. 28.

(10) Vgl. Krause-Pilatus, Annabelle/Rinne, Ulf (2024): Selbstständige Erwerbstätigkeit in Deutschland (Aktualisierung 2024), S. 59.

(11) Vgl. Biermann, Ingrid (2017): Mutterschutz für selbstständige Frauen, S. 88 sowie Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) (2023): Mutterschutz für schwangere Selbständige, Policy Paper 23-01. Berlin.

(12) Institut für Demoskopie Allensbach (2024): Mutterschutz für Selbstständige, S. 8.

(13) Vgl. Seebauer, Johannes/Kritikos, Alexander/Graeber, Daniel (2021): Warum vor allem weibliche Selbstständige Verliererinnen der Covid-19-Krise sind, S. 263 sowie Schulze Buschoff, Karin/Emmler, Helge (2021): Selbstständige in der Corona-Krise, S. 15.

(14) Vgl. Seebauer, Johannes/Kritikos, Alexander/Graeber, Daniel (2021): Warum vor allem weibliche Selbstständige Verliererinnen der Covid-19-Krise sind, S. 265.

(15) Vgl. Kritikos, Alexander/Graeber, Daniel/Seebauer, Johannes 2021: Corona-Pandemie drängt Selbstständige vermehrt zur Geschäftsaufgabe – Frauen stärker betroffen, S. 4f.

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