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WSI GenderDatenPortal: Sorgearbeit: Dauer des Bezugs von Elterngeld/Elterngeldplus 2007-2018

Grafiken, Analysen, Tabellen (pdf)

Daten (xlsx)

 

Die Bezugsdauer des Elterngeldes bleibt in Deutschland stark durch das jeweilige Geschlecht des Elternteils geprägt: Während die Mehrheit der Männer nur die zwei sog. Partnermonate in Anspruch nimmt, nutzt die übergroße Mehrheit der Frauen das Elterngeld für zehn bis 14 Monate (Grafik 1).

Innerhalb des Beobachtungszeitraums 2007 bis 2018 hat sich die Bezugsdauer bei Frauen und Männern zudem unterschiedlich entwickelt:

  • Der Anteil der Frauen, die mindestens zehn Monate Elterngeld beziehen, beträgt über den gesamten Beobachtungszeitraum fast durchgängig 94 bis 95 Prozent. Seit der Einführung von ElterngeldPlus im 2. Halbjahr 2015 weiten Frauen die Dauer ihres Elterngeldbezugs jedoch noch weiter aus: Für ein im Jahr 2018 geborenes Kind bezieht inzwischen mehr als jede fünfte Frau sogar 15 und mehr Monate. Im Durchschnitt beziehen Frauen für ihre im Jahr 2018 geborenen Kinder 13,6 Monate Elterngeld. (1)
  • Der Anteil der Männer, die nur die sog. zwei Partnermonate in Anspruch nehmen, ist von 2007 bis zum ersten Halbjahr 2015 zunächst stark gestiegen – von 67 auf 80 Prozent. Dies ist vor allem der Zunahme der Nutzerzahlen unter zuvor erwerbstätigen Vätern geschuldet. (2) Denn: Männer nutzen im Durchschnitt mehr Elterngeldmonate wenn sie vor dem Bezug nicht erwerbstätig waren. (3) Seit der Einführung von ElterngeldPlus nehmen drei von vier Männern (nur) zwei Monate Elterngeld in Anspruch (75 Prozent). Jeder sechste Mann bezieht 2018 für drei bis neun Monate Elterngeld (17 Prozent). Im Durchschnitt beziehen Männer für ihre im Jahr 2018 geborenen Kinder lediglich 3,3 Monate Elterngeld. (4)

Mit der Einführung des ElterngeldPlus für Geburten ab dem 2. Halbjahr 2015 gingen deutliche Veränderungen in den Nutzungsmustern einher. Seitdem kann das Elterngeld nun über einen längeren Zeitraum bezogen werden, indem ein (Basis-)Elterngeldmonat in jeweils zwei ElterngeldPlus-Monate umgewandelt werden kann (bei allerdings in der Regel halbiertem Leistungsanspruch in den ElterngeldPlus-Monaten). Insbesondere Elternpaare, die beide – auch parallel zueinander – den Elterngeldbezug mit eigener Teilzeitarbeit kombinieren wollen, profitieren hiervon. Sie waren vor der Reform benachteiligt, weil sie ihre insgesamt verfügbaren Elterngeldmonate durch den parallelen Elterngeldbezug schnell verbraucht hatten, ohne ihr zur Verfügung stehendes Elterngeldbudget dabei vollumfänglich abrufen zu können. (5) Vor der Einführung des ElterngeldPlus erfolgte die Aufteilung der Elterngeldmonate in den Paaren zumeist nach dem Modell „12+2 Monate“: Die Frauen bezogen dabei überwiegend zwölf Monate Elterngeld, die Männer nur zwei Monate. (6) Die Einführung des ElterngeldPlus zielte daher gezielt darauf ab, hier mehr Wahlmöglichkeiten bei der Ausgestaltung der Elterngeldzeit zu schaffen, die Kombination von Elterngeldbezug und Teilzeitarbeit gerade auch für Väter attraktiver zu machen und Elternpaare zu unterstützen, die sich Erwerbs- und Sorgearbeit partnerschaftlich teilen möchten.

In der Praxis wird das ElterngeldPlus jedoch nicht so häufig von Vätern bzw. auch nicht so deutlich in partnerschaftlicher Weise genutzt, wie erhofft: Wenn überhaupt, wird ElterngeldPlus vor allem von Frauen zu einer Verlängerung des Bezugszeitraums eingesetzt und deutlich weniger von Männern. So nutzt 2018 deutschlandweit jede vierte überhaupt elterngeldbeziehende Frau (26 Prozent), aber nur jeder neunte Mann (11 Prozent) (auch) ElterngeldPlus. (7) Die Bezugsdauer des Elterngeldes insgesamt hat sich daher mit der Einführung von ElterngeldPlus vor allem bei Frauen verlängert (Grafik 2):

  • Der Anteil an Müttern mit zehn bis 14 Elterngeld-Monaten fällt für 2018 um 21 Prozentpunkte niedriger aus (im Vergleich zu den Geburten im ersten Halbjahr 2015); stattdessen ist der Anteil der Mütter mit mindestens 15 Elterngeld-Monaten um 22 Prozentpunkte gestiegen.
  • Bei den Männern fällt der Anteil derjenigen mit nur zwei Elterngeld-Monaten im Jahr 2018 um rund fünf Prozentpunkte niedriger aus (im Vergleich zu den Geburten im ersten Halbjahr 2015). Im Gegenzug ist der Anteil der Väter mit drei bis neun Elterngeld-Monaten um vier Prozentpunkte angestiegen.

Für Geburten seit Juli 2015 wird die partnerschaftliche Aufteilung der Elterngeldmonate zudem mit dem Partnerschaftsbonus unterstützt. Dabei erhalten beide Elternteile zwei bis maximal vier zusätzliche ElterngeldPlus-Monate (Geburten vor dem 01.09.21: vier Monate), wenn beide in dieser Zeit gleichzeitig 24 bis 32 Wochenstunden (Geburten vor dem 01.09.21: 25 bis 30 Wochenstunden) im monatlichen Durchschnitt arbeiten und sich die Erziehung des Kindes teilen (vgl. Glossar). Diese Möglichkeit nutzen bisher jedoch nur sehr wenige Paare: Lediglich 1,3 Prozent aller elterngeldbeziehenden Frauen und 3 Prozent aller elterngeldbeziehenden Männer haben zusätzlich auch noch den Partnerschaftsbonus für ihre im Jahr 2018 geborenen Kinder in Anspruch genommen (Tab. 1).

Der Vergleich zwischen West- und Ostdeutschland zeigt zudem eine ungleiche Inanspruchnahme von ElterngeldPlus für die im Jahr 2018 geborenen Kinder in den einzelnen Bundesländern (Grafik 3). In Ostdeutschland nehmen Männer etwas häufiger ElterngeldPlus in Anspruch als in Westdeutschland (13,5 gegenüber 10,8 Prozent). Innerhalb Ostdeutschlands gilt, dass Männer sich in wirtschaftlich stärkeren Bundesländern häufiger am ElterngeldPlus beteiligen (Sachsen und Thüringen). In Westdeutschland besteht ein leichtes Nord-Süd-Gefälle: In überdurchschnittlichem Maße nutzen Männer das ElterngeldPlus in Bremen oder Hamburg, unterdurchschnittlich ist die Nutzung dagegen in Baden-Württemberg oder Bayern.

Die Entscheidung der Paare über ihr gemeinsames Nutzungsmuster beim Elterngeld hängt auch davon ab, wie die beruflichen Ressourcen innerhalb des Paares verteilt sind, vor allem in Bezug auf Qualifikation, Arbeitszeitdauer und Einkommenshöhe. Ein längerer Elterngeldbezug durch Männer wird durch folgende Bedingungen begünstigt: Die beruflichen Ressourcen im Paar sind gleichverteilt; das Paar folgt einem egalitären Leitbild, die Erwerbs- und Erziehungsarbeit wird in gleichem Maße aufgeteilt; Frauen weisen eine starke Berufsorientierung oder aktuell gute berufliche Aussichten auf; die Vertretung des Mannes am Arbeitsplatz ist während seiner Elternzeit geregelt. Wichtig sind zudem die Berufs- und Karriereorientierungen beider Partner (besonders: der Frauen) und die konkreten Arbeitsbedingungen in ihren jeweiligen Betrieben. (8)


Bearbeitung: Dietmar Hobler, Svenja Pfahl, Eugen Unrau


Literatur

Ehnis, Patrick/ Beckman, Sabine (2019): „Krabbeln lerne ich bei Mama, laufen dann bei Papa“ – Zur Einbeziehung von Vätern bei Elterngeld und Elternzeit – eine kritische Betrachtung. In: Feministische Studien 2/10, S. 313-324, letzter Zugriff: 20.04.2022.

Geyer, Johannes/ Krause, Alexandra (2016): Veränderungen der Erwerbsanreize durch das Elterngeld Plus für Mütter und Väter. DIW Discussion Paper 1592, letzter Zugriff: 20.04.2022.

Huebener, Mathias/ Müller, Kai-Uwe / Neumann, Michael / Wrohlich, Katharina (2016): Zehn Jahre Elterngeld: Eine wichtige familienpolitische Maßnahme. In: DIW Wochenbericht 49, S. 1159-1166, letzter Zugriff: 20.04.2022.

Müller, Kai-Uwe/ Neumann, Michael/ Wrohlich, Katharina (2015): Familienarbeitszeit: mehr Arbeitszeit für Mütter, mehr Familienzeit für Väter. In: DIW Wochenbericht 46/2015: Familienarbeitszeit „reloaded“, S. 1095-1103,  
letzter Zugriff: 20.04.2022.

Pfahl, Svenja/ Reuyß, Stefan (2022): Reformvorschläge für die Ausgestaltung des Elterngeldes. Unter Mitarbeit von Maike Wittmann. Friedrich-Ebert-Stiftung. Berlin.

Pfahl, Svenja/ Reuyß, Stefan / Hobler, Dietmar / Weeber, Sonja (2014): Nachhaltige Effekte der Elterngeldnutzung durch Väter: Gleichstellungspolitische Auswirkungen der Inanspruchnahme von Elterngeldmonaten durch erwerbstätige Väter auf betrieblicher und partnerschaftlicher Ebene. Projektbericht SowiTra. Berlin, letzter Zugriff: 20.04.2022.

Statistisches Bundesamt (2021): Bundesstatistik zum Elterngeld. Qualitätsbericht, letzter Zugriff: 20.04.2022.

Unterhofer, Ulrike/ Welteke, Clara/ Wrohlich, Katharina (2017): Elterngeld hat soziale Normen verändert. DIW Wochenbericht Nr. 34, S. 659–667, letzter Zugriff: 20.04.2022.

 


(1) Für die in den Jahren 2007 bis 2015 (1. Halbjahr) geborenen Kinder hatten Mütter eine durchschnittliche Bezugsdauer von 11,7 Monaten. Auch vor der Elterngeldreform waren lange Bezugszeiträume üblich. Eine längere Nutzungsdauer als 12 Monate war zu diesem Zeitpunkt auf Alleinerziehende zurückzuführen, die einen Anspruch auf bis zu 14 Elterngeldmonate hatten. (Die Daten sind den entsprechenden Statistiken zum Elterngeld des Statistischen Bundesamtes entnommen.)

(2) Zwischen dem Jahr 2007 und dem ersten Halbjahr 2015 ist der Anteil der männlichen Elterngeldnutzer, die vor dem Bezug erwerbstätig waren, von 78 Prozent auf 92 Prozent angestiegen. (Die Daten sind den entsprechenden Statistiken zum Elterngeld des Statistischen Bundesamtes entnommen.)

(3) Für die im Jahr 2007 geborenen Kinder betrug die durchschnittliche Elterngeldnutzung von Männern 5,7 Monate, wenn sie davor nicht erwerbstätig waren, aber „nur“ 3,8 Monate, wenn sie zuvor erwerbstätig waren. Bis zum ersten Halbjahr 2015 sanken die entsprechenden Werte auf 5,3 Monate bzw. 2,8 Monate. Die durchschnittliche Bezugsdauer hat also in beiden Gruppen bis zur Einführung von ElterngeldPlus abgenommen – bei weiterhin deutlich unterschiedlicher Dauer von zuvor erwerbstätigen und zuvor nicht erwerbstätigen Männernn. Im Jahr 2018 beträgt die durchschnittliche Elterngeldnutzung von Männern hingegen 7,3 Monate, wenn sie davor nicht erwerbstätig waren, aber nur 3,1 Monate, wenn sie zuvor erwerbstätig waren. Die durchschnittliche Bezugsdauer ist somit in beiden Gruppen wieder angestiegen, gleichzeitig  hat sich die Diskrepanz zwischen beiden Gruppen hinsichtlich der Bezugsdauer deutlich verstärkt. (Die Daten sind den entsprechenden Statistiken zum Elterngeld des Statistischen Bundesamtes entnommen.)

(4) Zwischen dem Jahr 2007 und dem ersten Halbjahr 2015 hat sich die durchschnittliche Bezugsdauer bei Männern um mehr als ein Viertel verringert – von 4,2 Monaten auf 3,0 Monate. Mit Einführung von ElterngeldPlus im zweiten Halbjahr 2015 ist die durchschnittliche Bezugsdauer wieder gestiegen und liegt seitdem recht konstant bei 3,4 bzw. zuletzt 3,3 Monaten. (Die Daten sind den entsprechenden Statistiken zum Elterngeld des Statistischen Bundesamtes entnommen.)

(5) Vgl. auch Pfahl, Svenja/ Reuyß, Stefan (2022): Reformvorschläge für die Ausgestaltung des Elterngeldes. Unter Mitarbeit von Maike Wittmann. Friedrich-Ebert-Stiftung. Berlin. Vgl. auch Glossar.

(6) Vgl. auch Unterhofer, Ulrike/ Welteke, Clara/ Wrohlich, Katharina (2017): Elterngeld hat soziale Normen verändert. DIW Wochenbericht Nr. 34, S. 659–667; oder Ehnis, Patrick/ Beckman, Sabine (2019): „Krabbeln lerne ich bei Mama, laufen dann bei Papa“ – Zur Einbeziehung von Vätern bei Elterngeld und Elternzeit – eine kritische Betrachtung. In: Feministische Studien 2/10, S. 313-324.

(7) Vgl. Pfahl, Svenja/ Reuyß, Stefan (2022): Reformvorschläge für die Ausgestaltung des Elterngeldes. Unter Mitarbeit von Maike Wittmann. Friedrich-Ebert-Stiftung. Berlin.

(8) Vgl. Pfahl, Svenja et al. (2014): Nachhaltige Effekte der Elterngeldnutzung durch Väter: Gleichstellungspolitische Auswirkungen der Inanspruchnahme von Elterngeldmonaten durch erwerbstätige Väter auf betrieblicher und partnerschaftlicher Ebene. Projektbericht SowiTra. Berlin, S. 68ff.

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