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WSI GenderDatenPortal: Zeit: Gewünschte Wochenarbeitszeiten abhängig Beschäftigter 2015

Grafiken, Analyse, Tabellen (pdf)

 

Wenn abhängig Beschäftigte in Deutschland ihren Wünsche entsprechend arbeiten könnten (unter gleichzeitiger Berücksichtigung einer entsprechenden Änderung ihres Einkommens), so würde dies zu deutlichen Veränderungen der bestehenden Arbeitszeitlandschaften von Frauen und Männern führen.(1) Ihren Wünschen entsprechend würde die Mehrheit der Frauen eine wöchentliche Arbeitszeit im Umfang von 30 bis 39 Stunden vorziehen, also in kurzer oder normaler Vollzeit arbeiten. Und die große Mehrheit der Männer würde dann im Umfang einer normalen Vollzeitstelle, also zwischen 35 und 40 Wochenstunden arbeiten wollen. Demgegenüber würde der Anteil der Beschäftigten mit langen Wochenarbeitszeiten – und vielen Überstunden – deutlich zurückgehen. Mehr als die Hälfte der Frauen und Männer, deren tatsächliche Wochenarbeitszeit bei 41 Stunden oder mehr liegt, wünscht sich kürzere Arbeitszeiten.(2)

Vergleicht man die Verteilung der tatsächlichen und gewünschten Arbeitszeiten, so ist für die Frauen festzustellen: Die Arbeitszeitlandschaft der Frauen würde sich deutlich von den Rändern zur Mitte hin verschieben (vgl. Abb. 1). Frauen würden dann etwas seltener eine kurze Arbeitszeit unter 20 Stunden ausüben, zugleich hätten sie auch sehr viel seltener lange Wochenarbeitszeiten mit 41 und mehr Stunden. Tatsächlich arbeitet aktuell jede vierte Frau 41 Stunden oder mehr pro Woche (25 Prozent), aber nicht einmal jede zehnte Frau wünscht sich auch so lange Arbeitszeiten (9 Prozent).(3) Stattdessen würden sehr viel mehr Frauen als bisher einer kurzen Vollzeit mit 30 bis 34 Stunden nachgehen (23 Prozent anstelle von 12 Prozent) oder in regulärer Vollzeit mit 35 bis 39 Stunden arbeiten (23 Prozent anstelle von 16 Prozent). Der ausgeprägte Wunsch der Frauen nach längerer Teilzeit (20 bis 29 Stunden) und kurzer Vollzeit (30 bis 34 Stunden) sollte im Zusammenhang mit der geschlechterspezifischen Arbeitsteilung interpretiert werden: Die Mehrheit der teilzeitbeschäftigten Frauen in Deutschland begründet ihre reduzierte Arbeitszeit mit familiären Fürsorgeaufgaben, d. h. Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen.(4) Es ist davon auszugehen, dass die Arbeitszeitwünsche von Frauen stark durch den zwischen beiden Geschlechtern ungleich verteilten Zeitaufwand für Fürsorge- und Hausarbeit beeinflusst werden.(5)

Die Arbeitszeitlandschaft der Männer würde sich sogar noch stärker verändern, wenn Männer ihre gewünschten Arbeitszeiten realisieren könnten (vgl. Abb. 2). Deutlich mehr Männer als bisher würden dann in kurzer Vollzeit mit 30 bis 34 Wochenstunden arbeiten (10 Prozent anstelle von 2 Prozent). Die übergroße Mehrheit der Männer wünscht sich eine Vollzeit zwischen 35 und 40 Stunden (59 Prozent). Besonders groß fällt die Diskrepanz für Männer mit langen Wochenarbeitszeiten von 41 und mehr Stunden aus: Mehr als die Hälfte der Männer arbeitet aktuell tatsächlich so lang (55 Prozent), aber nur jeder vierte Mann wünscht sich diese Arbeitszeitdauer (26 Prozent).

Vergleicht man die durchschnittliche tatsächliche mit der durchschnittlichen gewünschten Arbeitszeitdauer innerhalb der einzelnen Arbeitszeitgruppen (vgl. Abb. 3 und 4), so zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen den tatsächlichen und gewünschten Arbeitszeiten: 6 Je länger die tatsächliche Arbeitszeitdauer, desto mehr Stunden wünschen sich Frauen und Männer (durchschnittlich) zu verkürzen. Zwischen den gewünschten Arbeitszeiten der Frauen und Männer bestehen dennoch deutliche Unterschiede: Die von Frauen in den einzelnen Arbeitszeitgruppen gewünschte (durchschnittliche) Arbeitszeitdauer fällt jeweils zwischen 1 und 3 Wochenstunden kürzer aus als die von Männern gewünschte – dies gilt in allen Arbeitszeitgruppen ab 30 Wochenstunden aufwärts.

Fazit: Die Arbeitszeitlandschaft der Beschäftigten (d.h. ihre Verteilung auf die Arbeitszeitgruppen) würde sich stark verändern, wenn Frauen und Männer entsprechend ihren Wünschen arbeiten könnten. Die Betrachtung nach einzelnen Arbeitszeitgruppen zeigt: Je länger die aktuelle tatsächliche
Arbeitszeitdauer, umso ausgeprägter die Verkürzungswünsche – bei Frauen noch stärker als bei Männern. Insbesondere überlange Arbeitszeiten von 41 und mehr Wochenstunden entsprechen nicht den Wünschen der allermeisten abhängig beschäftigten Frauen und Männer.

Bearbeitung: Dietmar Hobler, Svenja Pfahl, Sandra Horvath


Literatur

BAuA (2016): Arbeitszeitreport Deutschland 2016. Dortmund/Berlin/Dresden, letzter Zugriff: 11.12.2017.

Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Horvath, Sandra (2017): Gründe für Teilzeittätigkeit nach Elternschaft 2015. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja (2017): Zeitaufwand für Fürsorgearbeit 2012/13. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja (2017): Zeitaufwand für Hausarbeit 2012/13. In: WSI GenderDatenPortal.

Rengers, Martina / Bringmann, Julia / Holst, Elke (2017): Arbeitszeiten und Arbeitszeitwünsche: Unterschiede zwischen Mikrozensus und SOEP, in: Wirtschaft und Statistik, Heft 4, S. 11-43, letzter Zugriff: 11.12.2017.

Seifert, Hartmut / Holst, Elke / Wenzel, Matiaske / Tobsch, Verena (2016): Arbeitszeitwünsche und ihre kurzfristige Realisierung, in: WSI-Mitteilungen 69 (4), S. 300 – 308.
 


(1) Bei der Interpretation der Grafiken ist zu beachten: Die Ergebnisse der vorliegenden Analysen zeigen, wie sich die Arbeitszeitlandschaften der Frauen und Männer insgesamt verändern würden, wenn alle Beschäftigten ihre Wunscharbeitszeiten realisieren könnten. Die abgebildeten Werte erlauben jedoch keine Aussagen zur Höhe der individuellen Veränderungswünsche der Beschäftigten. Empirische Befunde zu den individuellen Veränderungswünschen bei der Arbeitszeit in Deutschland liegen beispielsweise in der Studie Seifert et al. (2016) vor.

(2) Arbeitszeitwünsche orientieren sich immer auch an den gegebenen Rahmenbedingungen und Realitäten. Die Höhe der gewünschten Arbeitszeitveränderung verändert sich daher auch mit den Erfahrungen und den betrieblich angebotenen Arbeitszeitmodellen.

(3) Die Werte wurden hier durch Addition der prozentualen Anteile mehrerer Arbeitszeitgruppen berechnet.

(4) Vgl. Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Horvath, Sandra (2017): Gründe für Teilzeittätigkeit nach Elternschaft 2015. In: WSI GenderDatenPortal.

(5) Vgl. Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja (2017): Zeitaufwand für Fürsorgearbeit 2012/13. In: WSI GenderDatenPortal, sowie: Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja (2017): Zeitaufwand für Hausarbeit 2012/13. In: WSI GenderDatenPortal.

(6) Zu beachten ist allerdings, dass hier nur die durchschnittlichen gewünschten Arbeitszeiten abgebildet werden, denen unterschiedliche Anteile an Wünschen nach Verlängerung und Verkürzung unterliegen können. Damit gilt: Ähnliche Durchschnittswerte können auf sehr verschiedenen Verteilungen basieren.

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