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WSI GenderDatenPortal: Zeit: Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991–2021

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Frauen arbeiten im Jahr 2021 immer noch deutlich häufiger als Männer in Teilzeit. Knapp jede zweite abhängig beschäftigte Frau in Deutschland leistet aktuell Teilzeitarbeit (45 Prozent) – hier bestimmt als der Anteil der Beschäftigten mit Arbeitszeiten unterhalb von 32 Wochenstunden – im Vergleich zu jedem neunten Mann (12 Prozent). Die Teilzeitquote der Frauen ist damit fast viermal so hoch wie die der Männer.

Teilzeitarbeit hat unter abhängig Beschäftigten innerhalb des Beobachtungszeitraums von 1990 bis 2021 zugenommen. Dabei fällt der Anstieg innerhalb der letzten drei Jahrzehnte bei Frauen erkennbar stärker aus als bei Männern: So stieg die Teilzeitquote bei Frauen insgesamt um 15 Prozentpunkte an, bei Männern um 10 Prozentpunkte. (1) Der Abstand zwischen Frauen und Männern bei der Teilzeitquote betrug 1991 noch 28 Prozentpunkte, bis zum Jahr 2021 ist er auf gut 33 Prozentpunkte angewachsen:

  • Im Jahr 1991 war ein Drittel der Frauen teilzeitbeschäftigt – im Jahr 2021 gilt dies bereits für fast jede zweite Frau. Der Anstieg erfolgte insbesondere zwischen 1991 und 2006. Blieb die Teilzeitquote von Frauen zwischen 2013 und 2020 relativ konstant auf einem Niveau um die 46 Prozent, so sinkt sie 2021 erstmals um 1 Prozentpunkt ab.
  • Bei den Männern ist die Quote der Teilzeitbeschäftigten zwischen 1991 und 2021 recht gleichmäßig von 2 Prozent auf 12 Prozent angestiegen. Damit hat sich der Anteil teilzeitbeschäftigter Männer innerhalb des Beobachtungszeitraums mehr als verfünffacht.

Regionale Unterschiede bei den Teilzeitquoten zeigen sich im Vergleich von West- und Ostdeutschland:

  • Die Teilzeitquote von Frauen ist in Ostdeutschland im Zeitverlauf durchgängig deutlich niedriger als in Westdeutschland: im Jahr 2021 um 15 Prozentpunkte (Ostdeutschland: 33 Prozent, Westdeutschland 48 Prozent). (2) Innerhalb der letzten Jahre ist die Teilzeitquote von Frauen in Ostdeutschland sogar leicht zurückgegangen.
  • Bis zum Jahr 2004 war Teilzeit unter Männern in Ostdeutschland unüblicher als unter Männern in Westdeutschland. Seitdem fiel die Teilzeitquote ostdeutscher Männer dagegen durchgängig höher aus als die von Männern in Westdeutschland. 2021 liegen west- und ostdeutsche Männer nun gleichauf.
  • Im Jahr 2021 fällt der Abstand zwischen den Teilzeitquoten von Frauen und Männern in Ostdeutschland (22 Prozentpunkte) – wegen der geringeren Teilzeitquoten von Frauen – deutlich kleiner aus als in Westdeutschland (36 Prozentpunkte).

Für die Erklärung des hohen Anteils an teilzeitbeschäftigten Frauen ist der Haushaltkontext zu berücksichtigen. Teilzeit hat insbesondere bei Frauen in Frau-Mann-Paarhaushalten zugenommen. Seit Beginn der 1990er Jahre haben sich gerade hier die Erwerbskonstellationen verschoben: Bis Ende der 1990er war das sog. Modell des männlichen Alleinverdieners vorherrschend, bei dem sich eine Vollzeiterwerbstätigkeit des Mannes mit einer Nichterwerbstätigkeit der Frau kombiniert. Seit Beginn der 2000er dominiert in Deutschland inzwischen das „Vollzeit-Teilzeit-Modell“, bei welchem Männer in Vollzeit arbeiten, während Frauen einer Teilzeittätigkeit nachgehen. (3) Die hohe Teilzeitquote von Frauen in Deutschland hängt stark damit zusammen, dass Frauen in solchen Paarhaushalten immer noch den Großteil der (notwendigen) unbezahlten Arbeit leisten, d.h. die Hausarbeit sowie die Versorgung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen übernehmen. (4)

Teilzeitarbeit von Frauen muss vor diesem Hintergrund ambivalent bewertet werden: Auch wenn sich fast die Hälfte der abhängig beschäftigten Frauen in Deutschland eine Tätigkeit mit weniger als 35 Wochenstunden wünschen, muss dieser Wunsch doch größtenteils auf die von Frauen übernommenen familiären Betreuungsaufgaben zurückgeführt werden. (5) (6) Der Übergang in Teilzeitbeschäftigung begründet sich somit aus der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. (7) Erst auf Grund der Übernahme von familiärer und privater Sorge- und Pflegearbeit durch Frauen (kombiniert mit eigener Teilzeitarbeit), wird es Männern auf der anderen Seite möglich, lange und überlange Vollzeit zu übernehmen. (8)

Die Corona-Pandemie hat die immer noch ungleiche Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in Frau-Mann-Paarhaushalten sichtbar gemacht. Durch die pandemiebedingten Einschränkungen ab März 2020 und die dadurch verringerten institutionellen Betreuungsangebote in den Jahren 2020 und 2021, sind es vermehrt die Frauen gewesen, die (zusätzliche) häusliche Sorge- und Kinderbetreuungsaufgaben aufgefangen und/oder das Homeschooling der Kinder betreut haben. In Folge dessen kam es bei ihnen stärker zu Reduzierungen der eigenen Arbeitszeit als bei den Männern. (9) Auch 2022 sind die Auswirkungen weiter spürbar: Unter Eltern von betreuungsbedürftigen Kindern geben im Frühjahr 2022 Frauen (19 Prozent) deutlich häufiger als Männer (6 Prozent) an, ihre Arbeitszeit aufgrund von Kinderbetreuung verringert zu haben. (10)

Aus gleichstellungspolitischer Perspektive ist hervorzuheben, dass sich längere Teilzeitphasen negativ auf den weiteren Erwerbs- und Lebensverlauf von Frauen auswirken: Teilzeitbeschäftigte haben insgesamt geringere Karrierechancen. Oftmals gelingt es ihnen danach auch nicht mehr, wieder in Vollzeit zu arbeiten. (11) Bei mehr als der Hälfte der Frauen in Teilzeit muss davon ausgegangen werden, dass sie mit ihrer eigenen Erwerbsarbeit kein existenzsicherndes Einkommen erzielen. (12) Da sich die Höhe wohlfahrtsstaatlicher Leistungen an der Höhe der Einkommen bemessen, kann dies für teilzeitbeschäftigte Frauen gravierende Folgen haben. Ganz besonders deutlich zeigt sich dies in Deutschland am nach wie vor sehr großen Gender Pension Gap. (13)

Zum 01. Januar 2019 trat in Deutschland das Gesetz zur Brückenteilzeit in Kraft: Seitdem haben Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 45 Mitarbeiter*innen einen Anspruch auf eine befristete Teilzeitphase zwischen einem und fünf Jahren. In Unternehmen mit 46 bis 200 Arbeitnehmer*innen kann dieser Anspruch allerdings durch die sog. Zumutbarkeitsregelung beschränkt werden: Betriebe dieser Größe müssen nur einer/einem Mitarbeiter*in pro 15 Mitarbeiter*innen den Anspruch auf Brückenteilzeit gewähren. (14) Weitere 40 Prozent aller Beschäftigten – nämlich jene aus Betrieben mit bis zu 45 Arbeitnehmer*innen – haben gar keinen Anspruch darauf. Gewerkschaften und Sozialverbände kritisieren daher, dass letztlich nur rund ein Drittel der Arbeitnehmer*innen einen vollumfänglichen Anspruch auf Brückenteilzeit haben.

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.


Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau, Maike Wittmann



Literatur

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2022): Familienleben und Familienpolitik in Ost- und Westdeutschland. Monitor Familienforschung, Beiträge aus Forschung, Statistik und Familienpolitik Ausgabe 44, letzter Zugriff: 28.02.2023.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) (2019): Brückenteilzeit. Alle Informationen zur Einführung einer Brückenteilzeit auf einen Blick, letzter Zugriff: 28.02.2023.

Granados, Patricia/Olthaus, Rebecca/Wrohlich, Katharina (2019): Teilzeiterwerbstätigkeit: Überwiegend weiblich und im Durchschnitt schlechter bezahlt, In: DIW Wochenbericht 46, S. 845-850, letzter Zugriff: 28.02.2023.

Hobler; Dietmar/Klenner, Christina/Pfahl, Svenja/Sopp, Peter/Wagner, Alexandra (2017): Wer leistet unbezahlte Arbeit? Hausarbeit, Kindererziehung und Pflege im Geschlechtervergleich. Aktuelle Auswertungen aus dem WSI GenderDatenPortal, WSI Report Nr. 35, letzter Zugriff: 28.02.2023.

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Schubert, Lisa (2021a): Erwerbskonstellationen in Paarhaushalten 2019. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Schubert, Lisa (2021b): Gender Pension Gap bei eigenen Alterssicherungsleistungen 1992-2019. In: WSI GenderDatenPortal

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2022a): Abhängig beschäftigte Frauen nach Arbeitszeitgruppen 1991–2020. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2022b): Abhängig beschäftigte Männer nach Arbeitszeitgruppen 1991–2020. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Spitznagel, Julia (2019): Zeitaufwand für bezahlte und unbezahlte Arbeit 2012/2013. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja (2021): Gründe für Teilzeittätigkeit nach Elternschaft 2019. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Horvath, Sandra (2017): Gewünschte Wochenarbeitszeiten abhängig Beschäftigter 2015. In: WSI GenderDatenPortal.

Kohlrausch, Bettina/Hövermann, Andreas (2022): Der Vertrauensverlust der Mütter in der Pandemie. Befunde eines repräsentativen Bevölkerungspanels, WSI Report Nr. 73, letzter Zugriff: 28.02.2023.

Körner, Thomas/Puch, Katharina (2009): Der Mikrozensus im Kontext anderer Arbeitsmarktstatistiken. Ergebnisunterschiede und ihre Hintergründe. In: Wirtschaft und Statistik, Heft 6, S. 528-552.

Pimminger, Irene (2017): Theoretische Grundlagen zur Operationalisierung von Gleichstellung. In: Wroblewski, Angela/Kelle, Udo/Reith, Florian (Hg.): Gleichstellung messbar machen. Grundlagen und Anwendungen von Gender- und Gleichstellungsindikatoren. Wiesbaden: VS Verlag, S. 39-60.

Statistisches Bundesamt (2022): Betreuungsquoten der Kinder unter 6 Jahren in Kindertagesbetreuung am 01.03.2022 nach Ländern, letzter Zugriff: 28.02.2023.

Statistisches Bundesamt (2022): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung. Ergebnisse des Mikrozensus zum Arbeitsmarkt 2020 (Endgültige Ergebnisse), Fachserie 1 Reihe 4.1., letzter Zugriff: 28.02.2023.

Statistisches Bundesamt (2012): Methodeninformation. Mikrozensus und Arbeitskräfteerhebung: Ergebnisse zur Erwerbstätigkeit ab dem Jahr 2011, letzter Zugriff: 28.02.2023.

WSI in der Hans Böckler Stiftung (2020, 29. Dezember): Neue Ergebnisse der Böckler-Erwerbspersonenbefragung. Corona und Arbeitszeit: Lücke zwischen den Geschlechtern bleibt – Frauen erhalten seltener Aufstockung bei Kurzarbeit (Pressemitteilung), letzter Zugriff: 28.02.2023.

 

 


(1) Die Festlegung von Teilzeit bei weniger als 32 Stunden pro Woche steht im Zusammenhang mit Datenrestriktionen der hier verwendeten Fachserie des Statistischen Bundesamtes (siehe Glossar). Mit dieser Abgrenzung wird der Anteil der Teilzeitbeschäftigten jedoch unterschätzt, denn für vollzeitnahe Teilzeit sind Wochenarbeitszeiten im Stundenbereich von 32 bis 39 Stunden durchaus üblich.

(2) Regionale Unterschiede zwischen Frauen in West- und Ostdeutschland werden einerseits auf das nachwirkende Frauenbild aus DDR-Zeiten zurückgeführt. Erklärtes Ziel von Frauen-/Familienpolitiken in der DDR war die vollständige Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt – Mutterschaft wurde deshalb in der Regel mit Vollzeittätigkeit kombiniert (vgl. BMFSFJ (2022): Familienleben und Familienpolitik in Ost- und Westdeutschland, S. 11f.) Andererseits trägt auch die bessere institutionelle Lage bei der Kleinkindbetreuung in Ostdeutschland zu den regionalen Unterschieden bei. So lag die Betreuungsquote von Kindern unter drei Jahren in westdeutschen Bundesländern 2022 bei fast 32 Prozent und in Ostdeutschland bei 53 Prozent. Vgl. Statistisches Bundesamt (2022): Betreuungsquoten der Kinder unter 6 Jahren in Kindertagesbetreuung am 01.03.2022 nach Ländern.

(3) Trotz einer deutlichen Angleichung zwischen West- und Ostdeutschland, sind immer noch Unterschiede festzustellen: In Westdeutschland ist bei drei Vierteln der Paarhaushalte mit Kindern das “Vollzeit-Teilzeit-Modell“ stark repräsentiert, während in Ostdeutschland nur knapp die Hälfte der Paare dem „Vollzeit-Teilzeit-Modell" zuzurechnen sind (vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Schubert, Lisa (2021a): Erwerbskonstellationen in Paarhaushalten 2019).

(4) Vgl. Hobler, Dietmar/Klenner, Christina/Pfahl, Svenja/Sopp, Peter/Wagner, Alexandra (2017): Wer leistet unbezahlte Arbeit?, WSI Report Nr. 35.

(5) Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Horvath, Sandra (2017): Gewünschte Wochenarbeitszeiten abhängig Beschäftigter 2015.

(6) Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja(2021): Gründe für Teilzeittätigkeit nach Elternschaft 2019.

(7) Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Spitznagel, Julia (2019): Zeitaufwand für bezahlte und unbezahlte Arbeit 2012/2013.

(8) Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2022b): Abhängig beschäftigte

Männer nach Arbeitszeitgruppen 1991–2020. In: WSI GenderDatenPortal.

(9) Vgl. Kohlrausch, Bettina/Hövermann, Andreas (2022): Der Vertrauensverlust der Mütter in der Pandemie. WSI Report Nr. 73, S. 5ff. sowie WSI in der Hans Böckler Stiftung (2020, 29. Dezember): Neue Ergebnisse der Böckler-Erwerbspersonenbefragung. Corona und Arbeitszeit: Lücke zwischen den Geschlechtern bleibt – Frauen erhalten seltener Aufstockung bei Kurzarbeit (Pressemitteilung).

(10) Vgl. Kohlrausch, Bettina/Hövermann, Andreas (2022): Der Vertrauensverlust der Mütter in der Pandemie. WSI Report Nr. 73, S. 5.

(11) Vgl. Granados, Patricia/Olthaus, Rebecca/Wrohlich, Katharina (2019): Teilzeiterwerbstätigkeit: Überwiegend weiblich und im Durchschnitt schlechter bezahlt, S. 850.

(12) Der Großteil der Teilzeittätigkeiten bei Frauen liegt unter 20 Stunden (vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2022a): Abhängig beschäftigte Frauen nach Arbeitszeitgruppen 1991–2012). Weiterführende Analysen über die Höhe eines existenzsichernden Einkommens liegen von Irene Pimminger (2017) vor.

(13) Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Schubert, Lisa (2021b): Gender Pension Gap bei eigenen Alterssicherungsleistungen 1992-2019.

(14) Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) (2019): Brückenteilzeit. Alle Informationen zur Einführung einer Brückenteilzeit auf einen Blick.

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