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WSI GenderDatenPortal: Erwerbsarbeit: Arbeitsbewertungen von Frauen und Männern in Deutschland 2021

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Zwischen Frauen und Männern zeigen sich im Jahr 2021 deutliche Unterschiede bei den arbeitsbedingten Belastungen. Hauptursache für die Unterschiede ist die starke geschlechterbezogene Segregation des deutschen Arbeitsmarktes entlang von Berufen. (1) Nach wie vor erlernen Frauen und Männer überwiegend unterschiedliche Berufe oder nehmen ein Studium in unterschiedlichen Fachgebieten auf. (2)

In etwa der Hälfte der hier betrachteten Belastungskategorien zeigt sich eine höhere Belastung bzw. eine ungünstigere Situation für abhängig beschäftigte Frauen. Bei den klassischen Arbeitsbelastungen schneiden die Männer deutlich schlechter ab; bei den beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten sowie der finanziellen Absicherung zeigt sich ein gemischtes Bild. Neben dem Geschlecht nimmt auch der Umfang der geleisteten Arbeit Einfluss auf die Bedingungen und Belastungen in der Arbeit. In der Regel sind Vollzeitbeschäftigte – auf Grund ihrer längeren Anwesenheit am Arbeitsplatz – belastenden Arbeitsbedingungen stärker ausgesetzt als Teilzeitbeschäftigte.

Zu den einzelnen Arbeitsbedingungen und -belastungen:

Männer sind stärker von klassischen Arbeitsbelastungen – körperlich schwere Arbeit und Lärm – betroffen als Frauen (Grafik 1). Die Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit wird von Frauen und Männer in vergleichbarem Umfang erwartet.

Jeder dritte vollzeitbeschäftigte Mann und vier von zehn teilzeitbeschäftigten Männern arbeiten „oft“ bzw. „sehr häufig“ körperlich schwer. Frauen betrifft dies mit 28 Prozent (Vollzeit) und 21 Prozent (Teilzeit) etwas seltener. Körperliche Belastungen treten dabei nicht nur in männerdominierten Berufen wie etwa im Land-/Forst- und Gartenbau auf, sondern ebenso in den Pflegeberufen, in denen überwiegend Frauen tätig sind. (3) Zudem gehen körperlich belastende Tätigkeiten mit weiteren Risiken einher: Sie sind häufig verbunden mit höherem Zeitdruck, geringerer Wertschätzung, einem schlechteren Gesundheitszustand und insgesamt geringeren Chancen, die aktuelle Tätigkeit ohne Einschränkungen bis ins Rentenalter auszuüben. (4) Auch die Infektionsschutzmaßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie können die Arbeit in Bereichen mit direktem Kontakt zu Menschen noch weiter erschweren. (5)

Männer sind deutlich häufiger als Frauen Lärm oder lauten Umgebungsgeräuschen am Arbeitsplatz ausgesetzt. Im Vergleich zu einem guten Drittel der Frauen, ist fast die Hälfte der vollzeitbeschäftigten Männer oft oder sehr häufig mit Lärm am Arbeitsplatz konfrontiert. Ähnlich groß fällt die geschlechterbezogene Differenz unter Teilzeitbeschäftigten aus.

Hinsichtlich der Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit liegen Frauen und Männer nahezu gleichauf. Von jeweils mehr als einem Viertel der vollzeitbeschäftigten Frauen und Männer wird oft oder sehr häufig erwartet, auch außerhalb der Arbeitszeit erreichbar zu sein. Unter Teilzeitbeschäftigten betrifft dies noch jede fünfte Frau und einen fast ebenso hohen Anteil der Männer (20 Prozent bzw. 18 Prozent). Die Arbeit im Home-Office, die während der Corona-Pandemie stark zugenommen hat, trägt zu dieser Situation bei: Mit der mobilen Arbeiten steigt auch die Erwartung ständiger Erreichbarkeit. (6).

Frauen sind in höherem Maße als Männer durch besondere Anforderungen in der Arbeit belastet, wie etwa häufige Arbeitsunterbrechungen, Arbeiten unter Zeitdruck oder Gefühlskontrolle bei der Arbeit (Grafik 2). Diese Anforderungen treffen ausgeprägter auf Vollzeitbeschäftigte als auf Teilzeitbeschäftigte zu. Damit stellen vollzeitbeschäftigte Frauen die jeweils am stärksten betroffene Teilgruppe dar.

Frauen sind stärker durch häufige Arbeitsunterbrechungen belastet als Männer – dies gilt insbesondere für Vollzeitbeschäftigte.  Fast zwei Drittel der vollzeitbeschäftigten Frauen, im Vergleich zur Hälfte der vollzeitbeschäftigten Männer werden häufig in ihrer Tätigkeit unterbrochen – durch technische Probleme, Telefonate oder Kolleg/innen. Unter den Teilzeiterwerbstätigen gilt dies für fast die Hälfte der Frauen und mehr als ein Viertel der Männer.

Auch von starkem Zeitdruck in der Arbeit berichten vollzeitbeschäftigte Frauen im Vergleich zu Männern häufiger (56 Prozent zu 48 Prozent). Teilzeitbeschäftigte fühlen sich etwas seltener bei der Arbeit gehetzt, es betrifft aber noch jede zweite Frau und jeden dritten Mann. Ursachen für Zeitdruck sind vor allem strukturelle Probleme der Arbeitsorganisation, personelle Unterbesetzung sowie ungeplante Zusatzaufgaben. (7).

Frauen geben zudem häufiger an, dass sie bei der Arbeit ihre Gefühle verbergen müssen: Auf annähernd ein Drittel der Frauen in Voll- oder Teilzeit trifft dies oft oder sehr häufig zu, aber auf weniger als ein Viertel der Männer (in Voll- oder Teilzeit). Vermutlich liegt dies daran, dass Frauen verstärkt in Berufen mit direktem Kund*innenkontakt tätig sind, in denen hohe Anforderungen an die emotionale Selbstkontrolle bestehen. (8)

Hinsichtlich der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten und der Autonomie bei der Arbeitsplanung ergeben sich – insbesondere für Vollzeitbeschäftigte – kaum Unterschiede zwischen Frauen und Männern (Grafik 3). Eine Ausnahme bilden die Möglichkeiten zur Weiterqualifizierung – hier stehen Frauen besser da als Männer. Teilzeitbeschäftigte sind hier gegenüber Vollzeitbeschäftigten im Nachteil.

In Hinblick auf Aufstiegschancen zeigen sich eher geringe geschlechterbezogene Unterschiede: Jeweils mehr als ein Drittel der vollzeitbeschäftigten Frauen und Männer geben an, dass sie in ihrem Betrieb Aufstiegschancen haben. Teilzeitbeschäftigte haben deutlich geringere Möglichkeiten zu einem beruflichen Aufstieg in ihrem Betrieb: Nur ein Viertel der Frauen und ein Fünftel der Männer. geben an, dass solche Chancen in hohem oder sehr hohem Maße bestehen.

Die Möglichkeiten zur beruflichen Weiterqualifizierung werden von Frauen besser bewertet als von Männern. Unter den Vollzeitbeschäftigten sehen zwei Drittel der Frauen die Weiterbildungsmöglichkeiten als in hohem oder sehr hohem Maße gegeben an – unter den vollzeitbeschäftigten Männern sind es etwas weniger (58 Prozent). Teilzeitbeschäftigte sehen insgesamt deutlich weniger Möglichkeiten zur beruflichen Weiterqualifizierung. Der Abstand zwischen Frauen (55 Prozent) und Männern (40 Prozent) fällt hier sogar noch größer aus.

In Hinblick auf die eigene Arbeitsplanung und -einteilung sind unter Vollzeitbeschäftigten keine geschlechterbezogenen Unterschiede festzustellen. Jeweils mehr als zwei Drittel der Frauen und Männer können ihre Arbeit weitgehend selbstständig planen und einteilen. Unter den Teilzeitbeschäftigten scheinen Männer deutlich weniger Autonomie zu haben: Nur 55 Prozent der Männer können weitestgehend selbstständig planen (im Vergleich zu 65 Prozent der Frauen).

Vollzeitbeschäftigte Frauen schätzen ihre finanzielle Absicherung schlechter ein als vollzeitbeschäftigte Männer. Sie haben häufiger ein nicht-ausreichendes Einkommen und erwarten auch häufiger eine nicht-ausreichende Altersabsicherung. Unter Teilzeitbeschäftigten fallen die Einschätzungen deutlich kritischer aus, und teilzeitbeschäftigte Männer kommen dabei zu noch kritischeren Bewertungen als Frauen (Grafik 4).

6 Prozent der Frauen, aber nur 2 Prozent der Männer, erzielen trotz Vollzeitbeschäftigung kein ausreichendes Einkommen. Unter Teilzeitbeschäftigten fällt dieser Anteil noch höher aus: Jede achte Frau und jeder sechste Mann in Teilzeit bewertet das erzielte Einkommen als nicht ausreichend.

Gleichzeitig geben Frauen auch häufiger als Männer an, dass ihre zu erwartende gesetzliche Rente nicht ausreichen wird. Dies gilt für knapp 40 Prozent der Frauen in Vollzeit, und für ein Drittel der Männer in Vollzeit. Die Teilzeitbeschäftigten geben sogar mehrheitlich an, dass sie keine ausreichende gesetzliche Rente erwarten können; allerdings fallen die geschlechterbezogenen Unterschiede hier nur gering aus. Fakt ist: In Berufsgruppen mit niedrigem Einkommen und hohem Teilzeitanteil fallen auch die Rentenerwartungen besonders negativ aus. Dies sind die Berufe, in denen der Frauenanteil jeweils besonders hoch ist. (9)

Mehr als ein Viertel der Frauen und Männer in Vollzeit halten die betrieblichen Angebote zur Altersvorsorge für nicht ausreichend oder bemängeln deren Fehlen. Wiederum zeigen sich geschlechterbezogene Unterschiede vor allem bei den Teilzeitbeschäftigten: Jede dritte Frau sowie jeder zweite Mann in Teilzeit halten die betrieblichen Angebote zur Altersvorsorge für nicht ausreichend. Ursache für die Bewertungsunterschiede zwischen Männern und Frauen könnte sein, dass sich Männer stärker als Frauen am Normarbeitsverhältnis in Vollzeit orientieren und die betrieblichen Angebote zur Altersvorsorge aus dieser Perspektive kritischer bewerten und häufiger als nicht ausreichend erachten.

 

Bearbeitung: Dietmar Hobler, Svenja Pfahl, Maike Wittmann

 

Literatur

Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Schubert, Lisa (2021): Frauen und Männer in den 25 häufigsten Ausbildungsberufen 2019. In: WSI GenderDatenPortal, letzter Zugriff: 24.01.2022.

Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Spitznagel, Julia (2019): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2017. In: WSI GenderDatenPortal, letzter Zugriff: 24.01.2022

Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2021): DGB-Index Gute Arbeit. Jahresbericht 2021. Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung zum DGB-Index Gute Arbeit 2021, Berlin, letzter Zugriff: 24.01.2022.

Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2020): DGB-Index Gute Arbeit. Der Report 2020. Mehr als Homeoffice – Mobile Arbeit in Deutschland. Berlin, letzter Zugriff: 24.01.2022.

Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2019): Körperlich harte Arbeit. So beurteilen Beschäftigte ihre Belastungen. Berlin, letzter Zugriff: 24.01.2022.

Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2018a): DGB-Index Gute Arbeit. Der Report 2018 – Schwerpunkt: Interaktionsarbeit. Berlin, letzter Zugriff: 24.01.2022.

Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2018b): Gedämpfte Erwartungen an die Rente. Wie die Beschäftigten ihre spätere gesetzliche Rente einschätzen. In: DGB-Index Gute Arbeit Kompakt, Nr. 03/2018, letzter Zugriff: 24.01.2022.

Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2015): DGB-Index Gute Arbeit. Der Report 2015 – Schwerpunkt: Ursachen der Arbeitshetze. Wie die Beschäftigten die Arbeitsbedingungen in Deutschland beurteilen. Berlin, letzter Zugriff: 24.01.2022.

Institut des DGB-Index Gute Arbeit (o. D.): Was ist der DGB-Index Gute Arbeit?, letzter Zugriff: 24.01.2022.

Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (2020): Gute Arbeit in Berlin. Ergebnisse einer Beschäftigtenbefragung im Rahmen des „DGB-Index Gute Arbeit“ 2020, Berlin, letzter Zugriff: 24.01.2022.


(1) Vgl. Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Spitznagel, Julia (2019): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2017, S. 3.

(2) Vgl. Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Schubert, Lisa (2021): Frauen und Männer in den 25 häufigsten Ausbildungsberufen 2019. , S. 1.

(3) Vgl. Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2019): Körperlich harte Arbeit. So beurteilen Beschäftigte ihre Belastungen, S. 5f.

(4) Vgl. Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2019): Körperlich harte Arbeit. So beurteilen Beschäftigte ihre Belastungen, S. 9ff.

(5) Vgl. Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2021): DGB-Index Gute Arbeit. Jahresbericht 2021, S. 16f.

(6) Vgl. Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2020): DGB-Index Gute Arbeit. Der Report 2020, S. 10.

(7) Vgl. Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2015): DGB-Index Gute Arbeit. Der Report 2015 – Schwerpunkt: Ursachen der Arbeitshetze, S. 6.

(8) Vgl. Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2018a): DGB-Index Gute Arbeit. Der Report 2018 – Schwerpunkt: Interaktionsarbeit, S. 5.

(9)Vgl. Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2018b): Gedämpfte Erwartungen an die Rente, S. 4.

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