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WSI GenderDatenPortal: Erwerbsarbeit: Arbeitsbewertungen von Frauen und Männern in Deutschland 2023

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Zwischen Frauen und Männern zeigen sich im Jahr 2023 deutliche Unterschiede bei den arbeitsbedingten Belastungen. Diese Unterschiede gehen stark auf die starke geschlechterbezogene Segregation des deutschen Arbeitsmarktes entlang von Berufen zurück. (1) Nach wie vor ergreifen Frauen und Männer überwiegend unterschiedliche Berufe oder nehmen ein Studium in unterschiedlichen Fachgebieten auf. (2)

Differenzen nach Geschlecht zeigen sich bei den Arbeitsbelastungen im Wesentlichen entlang folgender Muster:

  • Bei den klassischen körperlichen Arbeitsbelastungen und der Erreichbarkeit schneiden die Männer insgesamt etwas schlechter ab (Grafik 1),
  • bei Arbeitsunterbrechungen, Zeitdruck und emotionaler Kontrolle (Grafik 2) sowie insbesondere der finanziellen Absicherung (Grafik 4) schneiden hingegen die Frauen deutlich schlechter ab,
  • bei den beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten (Grafik 3) zeigt sich ein gemischtes Bild.

Zu den einzelnen Arbeitsbedingungen und -belastungen:

  • Vollzeitbeschäftigte Frauen und Männer sind gleich stark sehr häufig/oft von körperlich schwerer Arbeit betroffen (rund ein Drittel). Bei den Teilzeitbeschäftigten trifft dies jedoch deutlich häufiger auf Männer zu (39 Prozent) (vgl. Grafik 1). Denn körperliche Belastungen treten nicht nur in männerdominierten Berufen wie etwa im Land-/Forst- und Gartenbau auf, sondern ebenso auch in den Pflegeberufen. (3) Körperlich belastende Tätigkeiten gehen Hand in Hand mit weiteren Risiken: Sie sind häufig verbunden mit höherem Zeitdruck, geringerer Wertschätzung, einem schlechteren Gesundheitszustand und insgesamt geringeren Chancen, die aktuelle Tätigkeit ohne Einschränkungen bis ins Rentenalter auszuüben. (4)
  • Männer sind deutlich häufiger als Frauen sehr häufig/oft Lärm oder lauten Umgebungsgeräuschen am Arbeitsplatz ausgesetzt: Dies trifft auf drei von zehn vollzeitbeschäftigten Frauen, aber auf vier von zehn vollzeitbeschäftigten Männern zu. Bei den Teilzeitbeschäftigten fällt der geschlechterbezogene Abstand etwas kleiner aus (Frauen: 39 Prozent, Männer: 44 Prozent).
  • Von jedem fünften Mann und jeder fünften Frau in Vollzeit wird sehr häufig/oft eine Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit erwartet. Unter den Teilzeitbeschäftigten betrifft dies fast jeden dritten Mann (30 Prozent), aber nur rund jede vierte Frau (24 Prozent).
  • Frauen sind stärker durch sehr häufige Arbeitsunterbrechungen belastet als Männer – dies gilt insbesondere für Vollzeitbeschäftigte (vgl. Grafik 2): Sechs von zehn vollzeitbeschäftigten Frauen, aber nur von 5 von zehn Männern, werden sehr häufig in ihrer Tätigkeit unterbrochen, beispielsweise durch technische Probleme, Telefonate oder Kolleg*innen. Sehr häufige Arbeitsunterbrechungen erleben auch die Hälfte aller Frauen in Teilzeit sowie ein Drittel der Männer in Teilzeit.
  • Von sehr häufigem Zeitdruck in der Arbeit berichtet die Mehrheit der vollzeitbeschäftigten Frauen, aber weniger als die Hälfte der Männer in Vollzeit (60 Prozent zu 45 Prozent). Bei Teilzeitbeschäftigten fällt der geschlechterbezogene Abstand etwas geringer aus (Frauen: 52 Prozent, Männer: 45 Prozent). Ursachen für Zeitdruck sind vor allem strukturelle Probleme in der Arbeitsorganisation, eine personelle Unterbesetzung sowie ungeplante Zusatzaufgaben. (5)
  • Vollzeitbeschäftigte Frauen geben zudem häufiger an, dass sie bei der Arbeit sehr häufig/oft ihre Gefühle verbergen müssen: dies trifft auf ein knappes Drittel der Frauen (31 Prozent) aber nur auf ein knappes Viertel der Männer in Vollzeit zu (23 Prozent). Dies könnte daran liegen, dass Frauen verstärkt in Dienstleistungsberufen tätig sind und insbesondere in Berufen mit direktem Kund*innenkontakt, in denen hohe Anforderungen an die emotionale Selbstkontrolle bestehen. (6) Teilzeitbeschäftigte Männer und Frauen unterliegen sogar noch etwas häufiger der Anforderung, bei der Arbeit sehr häufig/oft ihre Gefühle verbergen zu müssen (Frauen: 33 Prozent, Männer: 36 Prozent).
  • Jeweils mehr als ein Drittel der vollzeitbeschäftigten Frauen und Männer verfügen in ihrem Betrieb in (sehr) hohem Maße über Aufstiegschancen (Frauen: 35 Prozent, Männer: 37 Prozent) (vgl. Grafik 3). Teilzeitbeschäftigte – und dabei verstärkt die Frauen – haben hingegen deutlich geringere Möglichkeiten zu einem betrieblichen Aufstieg: Nur ein Viertel der Frauen aber ein knappes Drittel der Männer sieht in (sehr) hohem Maße solche Chancen für sich.
  • Möglichkeiten zur beruflichen Weiterqualifizierung sieht jeweils eine Mehrheit der vollzeitbeschäftigten Frauen und Männer in (sehr) hohem Maße für sich gegeben (Frauen: 58 Prozent, Männer: 62 Prozent). Dieser Vorsprung der Männer gilt insbesondere für akademisch gebildete Männer. (7) Auch knapp die Hälfte der teilzeitbeschäftigten Frauen sieht Weiterbildungsmöglichkeiten für sich im Betrieb, aber nur vier von zehn teilzeitbeschäftigten Männern.
  • In Hinblick auf die eigene Arbeitsplanung/-einteilung sind unter Vollzeitbeschäftigten keine geschlechterbezogenen Unterschiede festzustellen. Jeweils mehr als zwei Drittel der Frauen und Männer können ihre Arbeit weitgehend selbstständig planen und einteilen. Teilzeitbeschäftigte – und insbesondere teilzeitbeschäftigte Männer – haben im Vergleich dazu etwas seltener die Möglichkeit, ihre Arbeit selbständig zu planen und einzuteilen.
  • 7 Prozent der Frauen, aber nur 5 Prozent der Männer erzielen trotz Vollzeitbeschäftigung kein ausreichendes Einkommen (vgl. Grafik 4). Unter Teilzeitbeschäftigten fällt dieser Anteil jedoch mehr als doppelt so hoch aus: Jede sechste Frau (17 Prozent) und jeder neunte Mann (11 Prozent) in Teilzeit bewertet das erzielte Einkommen als nicht ausreichend.
  • Frauen geben häufiger als Männer an, dass ihre zu erwartende gesetzliche Rente nicht ausreichen wird. Dies gilt für rund die Hälfte der vollzeitbeschäftigten Frauen aber nur für vier von zehn vollzeitbeschäftigten Männern. Auf Teilzeitbeschäftigte trifft dies noch deutlich häufiger zu: Es sind vor allem zwei Drittel der teilzeitbeschäftigten Frauen, die die gesetzliche Rente als nicht ausreichend bewerten, sowie rund die Hälfte der teilzeitbeschäftigten Männer. Hintergrund: In Branchen mit niedrigem Einkommen und hohem Teilzeitanteil fallen auch die Rentenerwartungen besonders negativ aus. Dies sind oft Branchen, in denen der Frauenanteil jeweils besonders hoch ist. (8)
  • Ein gutes Viertel aller Frauen sowie ein knappes Viertel aller Männer in Vollzeit können nicht auf betriebliche Angebote zur Verbesserung der eigenen Altersvorsorge zurückgreifen. Teilzeitbeschäftigte verfügen noch seltener über solche Angebote, zudem zeigt sich für sie ein größerer geschlechterbezogener Abstand: solche betrieblichen Angebote existieren nicht für die Hälfte der Männer sowie ein Drittel der Frauen in Teilzeit.

Daneben wirkt sich auch der Erwerbsumfang (im Zusammenwirken mit Geschlecht) auf die Bedingungen und Belastungen in der Arbeit aus. Bei zehn der zwölf betrachteten Arbeitsbelastungen erweisen sich teilzeitbeschäftigte Frauen oder Männer als die jeweils am stärksten belastete Teilgruppe – und zwar insbesondere die teilzeitbeschäftigten Männer. Bei ihnen handelt es sich verstärkt um Männer unter 30 Jahren bzw. über 60 Jahren, also gerade nicht um Beschäftigte „in der Mitte des Lebens“. (9)

  • Teilzeitbeschäftigte Männer sind stärker als alle anderen betroffen von folgenden Arbeitsbelastungen: körperliche schwere Arbeit, Lärm, Erwartungen an Erreichbarkeit sowie Verbergen von Gefühlen am Arbeitsplatz. Sie verfügen zudem seltener als die anderen Gruppen über die Möglichkeit, sich die eigene Arbeit selbständig planen und einteilen zu können und erhalten seltener als andere betriebliche Angebote zur Weiterqualifizierung oder zur Verbesserung ihrer Altersvorsorge.
  • Teilzeitbeschäftigte Frauen verfügen dagegen seltener als die drei anderen Teilgruppen über Aufstiegschancen im Betrieb. Außerdem erzielen sie am häufigsten von allen Gruppen kein ausreichendes Einkommen und keine ausreichende gesetzliche Altersrente.
  • In lediglich zwei Belastungsarten sind Vollzeitbeschäftigte, und zwar vollzeitbeschäftigte Frauen, auffallend stark betroffen: sie sind häufiger als alle anderen permanenten Arbeitsunterbrechungen ausgesetzt und arbeiten häufiger als andere unter Zeitdruck.

Vollzeitbeschäftigte Männer erweisen sich in keiner der 12 betrachteten Belastungsdimensionen als am stärksten negativ betroffene Teilgruppe. Im Gegenteil: in sieben Belastungsdimensionen schneiden vollzeitbeschäftigte Männer am günstigsten ab (Gefühle verbergen müssen, betriebliche Aufstiegschancen, betriebliche Angebote zur Weiterqualifizierung, Möglichkeit zur selbständigen Arbeitsplanung/-einteilung, ausreichendes Einkommen, ausreichende gesetzliche Altersrente, betriebliche Angebote zur Verbesserung der Altersvorsorge).

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau

 

Literatur

Auffenberg, Jennie et al. (2022): „Ich pflege wieder, wenn …“, Potenzialanalyse zur Berufsrückkehr und Arbeitszeitaufstockung von Pflegefachkräften. Kurzfassung. Arbeitnehmerkammer Bremen, Bremen, letzter Zugriff: 28.08.2024.

DGB-Frauen (2019): Die Arbeit mit Menschen, Was ist sie uns wert? Untersuchung aus einer gleichstellungspolitischen Perspektive, Berlin: DGB-Bundesvorstand, letzter Zugriff: 28.08.2024.

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Spitznagel, Julia (2020): Erwerbsumfang nach Alter 2018. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2022): Frauen und Männer in den 25 häufigsten Ausbildungsberufen 2020. In: WSI GenderDatenPortal.

Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2023): DGB-Index Gute Arbeit. Jahresbericht 2023. Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung zum DGB-Index Gute Arbeit 2023, Berlin, letzter Zugriff: 28.08.2024.

Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2019): Körperlich harte Arbeit. So beurteilen Beschäftigte ihre Belastungen. Berlin, letzter Zugriff: 28.08.2024.

Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2018): DGB-Index Gute Arbeit. Der Report 2018 – Schwerpunkt: Interaktionsarbeit. Berlin, letzter Zugriff: 28.08.2024.

Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2015): DGB-Index Gute Arbeit. Der Report 2015 – Schwerpunkt: Ursachen der Arbeitshetze. Wie die Beschäftigten die Arbeitsbedingungen in Deutschland beurteilen. Berlin, letzter Zugriff: 28.08.2024.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024): Teilnahme an Weiterbildung nach Qualifikationsniveau 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Lott, Yvonne/Wittmann, Maike (2023): Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland in ausgewählten Branchen. Wirtschafts- und sozialwissenschaftliches Institut der Hans-Böckler-Stiftung: WSI Report Nr. 80, 02/2023, Düsseldorf, letzter Zugriff: 28.08.2024.

Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2023): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Statistisches Bundesamt (2024): Gender Pension Gap 2023: Alterseinkünfte von Frauen 27,1% niedriger als die von Männern. Pressemitteilung Nr. N016 vom 24. April 2024, letzter Zugriff: 28.08.2024.


(1) Vgl. Pfahl, Svenja / Wittmann, Maike (2023): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

(2) Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2022): Frauen und Männer in den 25 häufigsten Ausbildungsberufen 2020. In: WSI GenderDatenPortal.

(3) Vgl. Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2019): Körperlich harte Arbeit. So beurteilen Beschäftigte ihre Belastungen, S. 5f. Zu körperlich schwerer Arbeit von Frauen vgl. auch Auffenberg, Jennie et al. (2022): „Ich pflege wieder, wenn …“, Potenzialanalyse zur Berufsrückkehr und Arbeitszeitaufstockung von Pflegefachkräften, S. 27. Für einen Überblick zu frauen- und männerspezifischen Berufen vgl. Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2023): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2022.

(4) Vgl. Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2019): Körperlich harte Arbeit. So beurteilen Beschäftigte ihre Belastungen, S. 9ff. sowie Auffenberg, Jennie et al. (2022): „Ich pflege wieder, wenn …“, Potenzialanalyse zur Berufsrückkehr und Arbeitszeitaufstockung von Pflegefachkräften.

(5) Vgl. Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2015): DGB-Index Gute Arbeit. Der Report 2015 – Schwerpunkt: Ursachen der Arbeitshetze, S. 6.

(6) Vgl. Institut des DGB-Index Gute Arbeit (2018): DGB-Index Gute Arbeit. Der Report 2018 – Schwerpunkt: Interaktionsarbeit, S. 5 sowie vgl. DGB-Frauen (2019): Die Arbeit mit Menschen. Was ist sie uns wert? Untersuchung aus einer gleichstellungspolitischen Perspektive, S. 10.

(7) Zur Häufigkeit von betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen von Frauen und Männern nach Qualifikationsniveau vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024): Teilnahme an Weiterbildung nach Qualifikationsniveau 2022.

(8) Vgl. Statistisches Bundesamt (2024): Gender Pension Gap 2023: Alterseinkünfte von Frauen 27,1 % niedriger als die von Männern sowie Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Lott, Yvonne/Wittmann, Maike (2023): Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland in ausgewählten Branchen.

(9) Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Spitznagel, Julia (2020): Erwerbsumfang nach Alter 2018. Zu beachten ist hier jedoch, dass im DGB Index Gute Arbeit nur Teilzeitbeschäftigte mit mind. 10 Wochenstunden berücksichtigt wurden (vgl. methodische Hinweise).

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