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WSI GenderDatenPortal: Transformation: Substituierbarkeitspotenziale von Frauen und Männern 2013-2019

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Frauen üben im Jahr 2019 seltener als Männer berufliche Tätigkeiten aus, die von Computern oder computergesteuerten Maschinen übernommen werden können – anders gesagt: sie sind seltener als Männer in Berufen mit hohem Substituierbarkeitspotenzial tätig (vgl. Grafik 1).

Genau diese potenzielle Ersetzbarkeit menschlicher Arbeit durch Computer bzw. durch computergesteuerte Maschinen beschreibt das sog. Substituierbarkeitspotenzial: den Anteil an beruflichen Kerntätigkeiten im jeweils ausgeübten Beschäftigungsverhältnis, der schon heute potenziell durch neue Technologien übernommen werden könnte (vgl. Glossar). Dabei wird unterschieden zwischen Berufen mit hohem, mittlerem oder niedrigem Substituierbarkeitspotenzial. Das Substituierbarkeitspotenzial gilt als „hoch“, wenn mehr als 70 Prozent der Kerntätigkeiten in der jeweiligen Beschäftigung – statt von einem Menschen geleistet zu werden – potenziell auch durch computergestützte Technologien übernommen werden könnten, und als „niedrig“, wenn maximal 30 Prozent der Kerntätigkeiten durch Technologie ersetzt werden könnten (vgl. Glossar).

Hintergrund: Warum erledigen Frauen seltener als Männer potenziell substituierbare Tätigkeiten? Frauen und Männer verteilen sich in Deutschland unterschiedlich auf die 14 Berufssegmente (horizontale Segregation) und sind zu unterschiedlichen Anteilen in den verschiedenen beruflichen Leistungsgruppen zu finden (vertikale Segregation). (1) (2) Dementsprechend unterscheiden sich die Kerntätigkeiten, die Frauen und Männer in den von ihnen jeweils ausgeübten Beschäftigungen leisten. Und grundsätzlich gilt: Kerntätigkeiten in Fertigungsberufen sind beispielsweise heute schon zu einem höheren Grad substituierbar als Kerntätigkeiten in sozialen und kulturellen Dienstleistungstätigkeiten.

Aus diesem Grund sind Frauen und Männer in Deutschland im Jahr 2019 gegensätzlich von hoher oder niedriger Substituierbarkeit in ihren Beschäftigungsverhältnissen betroffen. (3) Die beruflichen Tätigkeiten von Frauen sind seltener von hoher Substituierbarkeit und gleichzeitig häufiger von niedriger Substituierbarkeit gekennzeichnet als die von Männern:

  • Von den von Frauen ausgeübten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen (insgesamt: 15,5 Millionen) weisen 27 Prozent (d.h. 4,2 Millionen) ein „hohes“ Substituierbarkeitspotenzial auf. Für Männer trifft dies hingegen auf 39 Prozent aller Beschäftigungen zu (d.h. 7,1 Millionen von insgesamt 18,0 Millionen).
  • Umgekehrt unterliegen 31 Prozent der Frauen (d.h. 4,8 Millionen) aber nur 21 Prozent der Männer (d.h. 3,8 Millionen) in ihrer ausgeübten Beschäftigung einem „niedrigem“ Substituierbarkeitspotenzial.
  • Beschäftigungen mit einem „mittleren“ Substituierbarkeitspotenzial werden von 42 Prozent der Frauen (6,5 Millionen) wie auch von 39 Prozent der Männer (7,1 Millionen) ausgeübt, also in einem in etwa vergleichbaren Umfang.

Die absolute Zahl an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen mit mittlerem Substituierbarkeitspotenzial hat sich innerhalb des Beobachtungszeitraums – für Frauen wie Männer – nur gering verändert (vgl. Grafik 1). Aber die Zahl der Beschäftigungen mit hohem Substituierbarkeitspotenzial ist – bei Frauen wie Männern – zwischen 2013 und 2019 stark angestiegen, die der Beschäftigungen mit niedrigem Substituierbarkeitspotenzial hingegen erkennbar zurückgegangen. Vor allem auf Grund des technologischen Fortschritts zeigt sich hier eine große Veränderungsdynamik:

  • Die absolute Anzahl an Beschäftigungen mit hohem Substituierbarkeitspotenzial hat sich bei Frauen – von einem niedrigeren Anfangsniveau kommend – innerhalb von nur sechs Jahren fast vervierfacht (von 1,1 auf 4,2 Millionen), bei Männern mehr als verdoppelt (von 3,4 auf 7,1 Millionen).
  • Im Gegenzug ist die Zahl der Beschäftigungen mit niedrigem Substituierbarkeitspotenzial bei Frauen um 26 Prozent zurückgegangen (von 6,5 auf 4,8 Millionen), bei Männern sogar um 36 Prozent (von 5,9 auf 3,8 Millionen).

Innerhalb des Beobachtungszeitraums ist der größte Anteil der Frauen durchgängig von einem mittleren Substituierbarkeitspotenzial betroffen gewesen, während gleichzeitig der Anteil der Frauen mit hohem Substituierbarkeitspotenzial deutlich angestiegen ist (vgl. Grafik 2). Bei den Männern ist seit 2019 die Mehrheit der Männer von einem hohen Substituierbarkeitspotenzial betroffen, während in den Vorjahren bei ihnen Beschäftigungen mit mittlerem Substituierbarkeitspotenzial dominierten.

Die Ursachen für die unterschiedlichen Entwicklungen liegen insbesondere in der horizontalen geschlechtlichen Segregation des Arbeitsmarktes begründet. Männer arbeiten sehr viel häufiger in den inzwischen hoch substituierbaren Fertigungs- und fertigungstechnischen Berufen. Allerdings sind in den letzten Jahren vermehrt auch Tätigkeiten in Berufen ersetzbar geworden, die häufig von Frauen ausgeübt werden, wie z.B. kaufmännische Berufe im Bereich der Unternehmensführung/-organisation bzw. der unternehmensbezogenen Dienstleistungen. (4)

 

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau

 

Literatur

Burkert, Carola/Grienberger, Katharina/Matthes, Britta (2022): Zweischneidiges Schwert: Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Geschlechterungleichheit am Arbeitsmarkt aus? In: IAB-Forum 13. Juni 2022, letzter Zugriff 25.09.2023.

Dengler, Katharina/Matthes, Britta (2021): Auch komplexere Tätigkeiten könnten zunehmend automatisiert werden. IAB-Kurzbericht 13/2021, letzter Zugriff: 25.09.2023.

Dengler, Katharina/Matthes, Britta (2020): Substituierbarkeitspotenziale von Berufen und die möglichen Folgen für die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt. Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, www.dritter-gleichstellungsbericht.de, letzter Zugriff 25.09.2023.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) (2018a): Berufe im Spiegel der Statistik – Erläuterungen, Letzter Zugriff: 25.09.2023.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Substituierbarkeitspotenziale nach Anforderungsniveaus 2013-2019. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Substituierbarkeitspotenziale nach Berufssegmenten 2019. In: WSI-GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Vertikale Segregation des Arbeitsmarktes 2021. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2023): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2022): Qualitätsbericht. Statistik der sozialversicherungspflichtigen und geringfügigen Beschäftigung. Version 7.12, Nürnberg, letzter Zugriff: 25.09.2023.


(1) Vgl. Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2023): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

(2) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Vertikale Segregation des Arbeitsmarktes 2021. In: WSI GenderDatenPortal.

(3) Vgl. hierzu auch: Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Substituierbarkeitspotenziale nach Berufssegmenten 2019, in: WSI GenderDatenPortal sowie Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Substituierbarkeitspotenziale nach Anforderungsniveaus 2013-2019, in: WSI GenderDatenPortal.

(4) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Substituierbarkeitspotenziale nach Berufssegmenten 2019. In: WSI-GenderDatenPortal.


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