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WSI-Mitteilungen 5/2022 WSI-Mitteilungen

Albert, Andreas / Betzelt, Sigrid / Bode, Ingo / Sarsckick, Sarina : Die Macht der Gefühle. Emotionsregimes und Solidaritätshorizonte in der Pflegekrise

Ausgabe 05/2022

DOI: 10.5771/0342-300X-2022-5-363

Seiten 363-370

Zusammenfassung

Im öffentlichen Diskurs zur Langzeitpflege ist nicht erst seit der Corona-Pandemie von zunehmendem Zeit-, Qualitäts- und Kostendruck die Rede. Für Beschäftigte wachsen die Herausforderungen, ohne dass von der Berufsgruppe – im Unterschied zu anderen Bereichen des Sozialsektors – stärkere Impulse zur Veränderung der Arbeitsbedingungen ausgehen. Der Beitrag argumentiert, dass dies auch mit der Rolle von Gefühlen zu erklären ist, die mit diversen Spannungen bzw. Dilemmata verbunden sind und die Handlungsoptionen der Gruppe beeinflussen. Auf Basis einer Fallstudie aus der ambulanten Pflege wird illustriert, wie institutionelle Vorgaben, Managementpraktiken und individuelle Bewältigungsoptionen in „Emotionsregimes“ führen, die darauf einwirken, wie sich Pflegekräfte mit anderen verbunden fühlen – also welche „Solidaritätshorizonte“ sich bei ihnen in Bezug auf Nutzer*innen, Kolleg*innen und die Gesamtgesellschaft ausbilden. Angesichts des Ineinandergreifens von Emotionsregimes und Solidaritätshorizonten scheint für die Berufsgruppe eine Statusverbesserung aus eigener Kraft eher unwahrscheinlich. Helfen kann nur ein breiterer und substanziellerer gesellschaftlicher Rückhalt.

Abstract

Even prior to the COVID-19 pandemic, public discourse dealing with the long-term care system in Germany had signalled growing cost pressures, worries about quality outcomes, and notorious lack of time. While this has increased the challenges faced by care workers, stronger initiatives among them to change extant labour conditions are lacking, unlike in other social service settings. The article argues that this is also due to the role of emotions which concur with tensions or dilemmas and impact upon opportunities to take action. Drawing on a case study from the field of domiciliary care, the authors show how current regulatory frameworks, modes of management and individual coping strategies combine to produce “emotional regimes” which also influence attitudes towards users, colleagues and society as a whole. These emotional regimes are intertwined with specific “solidarity horizons”, hampering collective action by which this occupational group could enhance its social status and making any improvement improbable. Only more substantial and broad support from external social forces can create improvement.

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