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WSI Verteilungsbericht 2019: Gini-Koeffizient

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Direkt nach der Wiedervereinigung lag der Gini-Koeffizient der verfügbaren äquivalenzgewichteten Haushaltsnettoeinkommen bei 0,247 Punkten.1 Nach einem leichten Anstieg sank er Mitte der 1990er Jahre wieder auf dieses Niveau und verharrte hier bis zum Ende dieses Jahrzehnts. Im Jahr 1999 setzte dann der rasante Anstieg ein: In nur sechs Jahren erhöhte sich der Koeffizient von unter 0,25 Punkten auf fast 0,29. Gesamtwirtschaftlich gesehen war diese Phase von hoher Arbeitslosigkeit und einer schwachen Lohnentwicklung geprägt (Spannagel 2015, S. 4ff.). Gleichzeitig waren die Kapitalmärkte aufgeheizt und ermöglichten satte Renditen – wovon jene profitierten, die es sich leisten konnten, hier zu investieren (Horn et al. 2014, S. 3ff.). Im Jahr 2005 kam der enorme Anstieg der Einkommensungleichheit zu einem Ende.

Bis zum Jahr 2009 ging der Gini-Koeffizient leicht auf 0,279 zurück, verharrte jedoch oberhalb des Niveaus der 1990er Jahre. Seitdem ist wieder ein Anstieg zu beobachten. Bereits 2013 lag er wieder über dem Niveau von 2005, des bisherigen Maximums. Seitdem stieg er fast kontinuierlich weiter an und liegt zuletzt im Jahr 2016 bei 0,295 und damit neuerlich auf einem historischen Höchststand.

Der innerdeutsche Vergleich zeigt: In Westdeutschland entsprechen Höhe und Verlauf der Ungleichheit fast direkt der Entwicklung Gesamtdeutschlands. Im Osten des Landes ist die Einkommensungleichheit deutlich geringer. Hier zeigt sich das Erbe der deutlich egalitäreren Einkommensstruktur der DDR. 1991 lag der Gini-Koeffizient hier bei 0,205 Punkten. Aber auch im bundesdeutschen Osten setzte 1999 ein rasantes Wachstum ein, wodurch auch hier 2005 ein erstes Maximum erreicht wurde, welches allerdings mit 0,246 Punkten immer noch 0,05 Punkte unter dem westdeutschen Wert lag. Allerdings findet ein Angleichungsprozess zwischen beiden Landesteilen statt: Die Differenz zwischen West- und Ostdeutschland hat sich am aktuellen Rand auf 0,03 Punkte verringert.
 


 
[1] Die erste erwachsene Person in einem Haushalt erhält das Gewicht 1,0, jede weitere Person über 14 Jahren wird mit 0,5 Punkten gewichtet. Haushaltsmitglieder unter 14 erhalten ein Gewicht von 0,3. Ein Paar mit zwei Kindern unter 14 Jahren kommt somit auf einen Faktor von 2,1 (1+0,5+0,3+0,3). Durch diesen Wert wird das Haushaltseinkommen bei der sogenannten Äquivalenzgewichtung dividiert.

Weitere Erläuterungen

Gini-Koeffizient: Der Gini-Koeffizient ist eine Maßzahl, die angibt, wie ungleich Vermögen oder Einkommen in einer Gesellschaft verteilt sind. Der Gini kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Dabei steht der Wert 0 für die völlige Gleichverteilung. In diesem Fall würde jede Person über exakt gleich viel Einkommen bzw. Vermögen verfügen. Der Wert 1 steht für extreme Ungleichverteilung, d.h. das gesamte Vermögen bzw. Einkommen wäre in den Händen einer einzigen Person konzentriert.

Verfügbares Haushaltsenettoeinkommen: Die verfügbaren Haushaltsnettoeinkommen ergeben sich aus den Markteinkommen abzüglich Steuern und Sozialabgaben und zuzüglich Transferzahlungen wie Kinder- oder Arbeitslosengeld.

Quellen

Horn, G. A./Gechert, S./Rehm, M./Schmid, K. D. (2014): Wirtschaftskrise unterbricht Anstieg der Ungleichheit. Hans-Böckler-Stiftung, IMK Report Nr. 97, Düsseldorf

Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) (2019): Daten für die Jahre 1984-2017, Version 34, SOEP

Spannagel, D. (2015): Trotz Aufschwung: Einkommensungleichheit geht nicht zurück. WSI-Verteilungsbericht 2015. Hans-Böckler-Stiftung, WSI Report Nr. 26, Düsseldorf

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