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Podcast 155 Recht auf nicht vorhandenen Kitaplatz Podcasts

Systemrelevant Podcast: Zehn Jahre Recht auf einen nicht vorhandenen Kitaplatz

WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch analysiert die aktuelle Debatte um das Elterngeld und beleuchten die Herausforderungen der frühkindlichen Betreuung in Deutschland.

[01.08.2023]

Was läuft falsch in der deutschen Familienpolitik? Einiges, sagt WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch in unserer aktuellen Folge Systemrelevant. Die jüngsten Kürzungen des Elterngeldes für einkommensstarke Familien sei dabei jedoch nicht das Hauptproblem. Das Elterngeld sollte einst Anreize schaffen, schneller wieder in die Arbeit zurückzukommen und auch Väter motivieren, Elternzeit zu nehmen. Letzteres hat sich bislang nur wenig realisiert, von einer egalitären Verteilung der Erziehungsarbeit sind wir noch weit entfernt, so Kohlrausch.

Noch gravierender: Zu wenige Kitaplätze in vielen Bundesländern stehen dem Ziel natürlich entgegen, eine höhere Erwerbstätigkeit unter Eltern zu erreichen. Ein lange bekanntes Problem, mit bekannten Ursachen, und dennoch nicht leicht zu beheben. Dass es durchaus besser geht, zeigt jedoch nicht nur ein Blick ins europäische Ausland, auch die ostdeutschen Bundesländer haben eine deutlich höhere Betreuungsquote als etwa das Schlusslicht Baden-Württemberg.

Ausbildung, Personal, politischer Wille oder die Finanzierung – woran hapert es? Darum, und warum auch unsere Arbeitskultur und die derzeitige Vollzeitnorm die Vereinbarkeit von Kindern und Karriere so schwierig macht, geht es im weiteren Verlauf der Folge.

Dr. Irene Becker hat in ihrer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie ein angemessen hohes soziokulturelles Existenzminimum berechnet und festgestellt, dass das Niveau der Kindergrundsicherung je nach Alter der Kinder um 6 bis 30 Prozent höher sein müsste als nach der gesetzlichen Bedarfsermittlung.

Beckers Reformvorschlag sieht vor, die Konsumausgaben der gesellschaftlichen Mitte als Bezugspunkt zu nehmen. So wäre es nach Analyse der Armutsexpertin etwa plausibel, soziokulturelle Teilhabe als gerade noch gegeben zu definieren, wenn Haushalte bei den Ausgaben für Grundbedürfnisse wie Ernährung, Bekleidung und Wohnen nicht mehr als 25 Prozent und bei sonstigen Bedürfnissen nicht mehr als 40 Prozent von der Mitte nach unten abweichen. Damit lebt die Referenzgruppe zwar deutlich unter der gesellschaftlichen Mitte, hätte aber noch mehr Teilhabemöglichkeiten als bei der bisherigen Berechnung, die den Kindern und damit letztlich der gesamten Gesellschaft schadet.

Moderation: Marco Herack

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In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.

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